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Die Politikerin der Mitte, Priska Wismer-Felder, während eines Votum im Nationalrat. Quelle: Priska Wismer-Felder
Priska Wismer-Felder war von 2011 bis 2019 Luzerner Kantonsrätin. Dann zog sie für die inzwischen «Die Mitte» genannte CVP in den Nationalrat ein. Die gelernte Primarlehrerin, die als Bäuerin arbeitet, engagiert sich für Bildungsthemen und als Vorstandsmitglied der AEE Suisse natürlich auch für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Für die Luzernerin ist der sorgsame Umgang mit unseren Ressourcen eine Selbstverständlichkeit, daher sieht Priska Wismer-Felder erneuerbare Energien auch als wichtigen Schritt in Richtung Energiewende.
Frau Wismer-Felder, Sie produzieren auf Scheunendächern seit 2009 Solarstrom für 20 Haushalte und treiben seit sechs Jahren die Planung von drei Windkraftanlagen voran. Was halten Sie von der Biogas-Produktion auf Bauernhöfen?
Priska Wismer-Felder: Biogas-Produktion ist eine hervorragende Technologie, bei der Hofdünger, Ernterückstände und organische Abfälle energetisch genutzt werden. Das macht gleich in mehreren Hinsichten Sinn. Die in der Biogasanlage vergorene Gülle ist schnell wirksam und kann sehr gezielt eingesetzt werden. Gleichzeitig wird Methan reduziert. Biogasanlagen haben grosses Potenzial, werden jedoch wegen den hohen Unterhalts- und Produktionskosten auch zukünftig auf Unterstützung angewiesen sein. Ich setzte mich im Nationalrat dafür ein, dass die Chancen und das Potenzial erkannt werden und die notwendige Unterstützung weitergeführt wird.
«Ich bin überzeugt, dass Biogas in Zukunft eine gewichtigere Rolle spielen wird.»
Der Bund fördert die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien u.a. mit der kostenorientierten Einspeisevergütung (KEV) und seit 2018 mit dem Einspeisevergütungssystem (EVS) – reicht das schon für eine Energiewende?
In der heutigen Form reichen sie nicht aus, das hat uns die Erfahrung leider gelehrt. So werden aktuell grosse Fotovoltaikanlagen kaum mehr verwirklicht. Ich bedaure dies sehr. Ich bin überzeugt, dass es auch weiterhin Unterstützungsmassnahmen braucht, damit wir unser gestecktes Ziel zur Dekarbonisierung der Energieversorgung erreichen können. Ich befürworte Massnahmen wie die gleitende Marktprämie, damit der Ausbau der erneuerbaren Energien im nötigen Tempo geschehen kann.
Alle sprechen von E-Mobilität oder Wasserstofffahrzeugen, wieso nur so wenige von Biogas oder BioLNG als zukunftsträchtiger Energieträger für den Schwerverkehr und die Klimawende im Allgemeinen?
Ich bin überzeugt, dass Biogas in Zukunft eine gewichtigere Rolle spielen wird. Aktuell ist es, wie Sie in Ihrer Frage erwähnen, noch zuwenig populär oder gar unbekannt. Es ist wichtig, dass über die Herstellung und die Vorzüge von Biogas berichtet und diskutiert wird. So wird es in der Bevölkerung grösseren Bekanntheit und einen gewichtigeren Stellenwert erlangen. Die ersten positiven Beispiele von Lastwagen, die ausschliesslich mit Biogas fahren, werden das Ihrige dazu beitragen.
Die Luzerner Bäuerin produziert auf Scheunendächern Solarstrom, treibt die Planung von Windkraftanlagen voran und setzt sich für die Biogas-Nutzung ein. Quelle: Priska Wismer-Felder
Gibt es in der Schweiz schon genügend Biogas oder könnte die Poltik die Produktion und neue Infrastruktur in diesem Bereich noch aktiver fördern?
Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Heute werden zum Beispiel erst etwa 5 Prozent des Hofdüngers energetisch genutzt. Es gibt also noch viel Luft nach oben. Die Politik hat hier die Aufgabe, diese Technologie aktiv zu fördern. Ein Schritt ist bereits gelungen, indem der Nationalrat sich in der Parlemantarischen Initiative Girod (19.443) deutlich für Betriebsbeiträge von Biogasanlagen ausgesprochen hat.
Sie sind Vorstandsmitglied der AEE Suisse, dem Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Was erwarten Sie von der LSVA-Reduktion für Nutzfahrzeuge mit fossilfreiem Antrieb in der Schweiz?
Ich erhoffe mir, dass diese Massnahme nötige Anreize für die Unternehmen schafft, um auf eine fossilfreie Mobilität umzusteigen. Nach wie vor braucht es aber noch Überzeugungsarbeit, Aufklärung und Weiterentwicklung, damit sich die Unternehmen auch tatsächlich vom (zu) günstigen und bequemen fossilen Antrieb lösen. Die Bereitschaft, innovative und nachhaltige Lösungen zu verfolgen, ist aber in der Schweizer Wirtschaft durchaus vorhanden. Das stimmt mich positiv.
Die Kreislaufwirtschaft gewinnt zwar an Bedeutung, doch wie könnte Sie hierzulande noch besser etabliert werden?
Die Kreislaufwirtschaft wird gerade zurzeit intensiv diskutiert. Aktuell wird das Umweltschutzgesetz überarbeitet, mit der Zielsetzung, die natürlichen Ressourcen zu schonen und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Es ist also ein guter Zeitpunkt, um zu betonen, dass die Nutzung von Biogas einen gewichtigen Beitrag auch in dieser Hinsicht leisten kann. Wichtig erscheint mir auch, dass wir uns alle immer wieder vor Augen führen, welchen Einfluss wir mit unserem individuellen Verhalten haben. Jeder von uns hat die Möglichkeit, im Alltag Massnahmen zu ergreifen, um Ressourcen zu schonen und eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
Wie setzen Sie sich selbst bezüglich Nachhaltigkeit und Umwelt im Nationalrat ein?
Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind umfassende Themen, welche sich nicht in zwei Sätzen zusammenfassen lassen. In meiner persönlichen Arbeit setze ich aber ganz klar einen Schwerpunkt auf die Unterstützung des dringlichen Ausbaus der erneuerbaren Energien. (jas, 20. August 2021)
Für Priska Wismer-Felder ist der sorgsame Umgang mit Ressourcen eine Selbstverständlichkeit. Quelle: Parlament