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Über 1,3 Millionen Kilometer CO2-neutral

Der mächtige grüne Peterbilt-LKW mit den grossen, senkrechten Chromauspuffrohren fällt auf, auch nach 28 Jahren auf Schweizer Strassen. Und dies zu Recht: Der US-Truck wird mit Biogas angetrieben und spart damit Kilometer für Kilometer CO2.

Auch nach 28 Jahren im Dienst und über 1,3 Millionen nahezu CO2-neutralen Kilometern auf der Strasse immer noch eine imposante Erscheinung, der Peterbilt mit Biogas-Antrieb. Quelle: CNG-Mobility.ch

Am Anfang der Idee eines US-Trucks mit CNG-Antrieb stand der Schweizer Umweltpionier Walter Schmid. Er wollte einen Lastwagen mit einem Motor der Detroit Diesel Corporation, bei dem es sich um einen reinen Gasmotor und nicht um einen der heute bekannteren dualen Motoren handelt, auch hierzulande nutzen. Doch bis es der imposante Peterbilt vor fast 30 Jahren auf die Schweizer Strassen schaffte und dort für den Generalbauunternehmer, Gründer der Kompogas AG sowie der Stiftung Umwelt Arena Schweiz im aargauischen Spreitenbach Kilometer für Kilometer abspulen durfte, dauerte es seine Zeit. Die Standards für die neue CNG-Technologie waren nicht einfach griffbereit und vieles auch für die Schweizer Behörden bei der Zulassung Neuland.

Der CNG-Motor konnte zwar gekauft und auch 1994 aus den USA importiert werden, doch danach ging die Arbeit für Otto Egg, Chauffeur und Monteur, und seinen Kollegen Daniel Kern, ebenfalls Monteur, erst richtig los. Die beiden bauten den Peterbilt-Truck über den Winter um, setzten den US-Gasmotor unter der mächtigen Kühlerhaube ein und verbauten die Tanks: Der allererste Lastwagen mit Gasantrieb in Europa war geboren! In Zusammenarbeit mit Ingenieuren, Zulieferern und dem VSG-Forschungsfonds wurde die Antriebstechnik noch weiterentwickelt, und schliesslich konnte der Peterbilt nach gut einem Jahr auch offiziell zugelassen werden. Seit 28 Jahren ist der CNG-LKW mit seinem Detroit-Motor der Serie 60 mit stattlichen 440 PS und acht Gastanks für insgesamt 150 Kilo Biogas an Bord nun unterwegs. Am Steuer sass dabei meist Otto Egg.

Chauffeur und Mechaniker und vor allem begeisterte Biogas-Fahrer: Otto Egg am Steuer des ersten Biogas-Trucks Europas. Quelle: CNG-Mobility.ch

Herr Egg, was waren die grössten Herausforderungen beim Umbau zum Biogas-Antrieb?
Otto Egg, Chauffeur und Mechaniker:
Die Herausforderung war gar nicht so gross. Und beim Check auf dem Strassenverkehrsamt hatten wir dann sogar eine sehr erfreuliche Überraschung: Wir hatten die geltenden Abgasvorschriften unterschritten.

Wieso hat man sich für einen US-Truck und nicht ein europäisches LKW-Modell entschieden?
In den USA hatte man in San Francisco bereits solche Motoren im Linienbusverkehr erfolgreich eingesetzt. Wir haben dann schlicht einen Truck und einen Motor dazu gekauft. Zudem stach der Peterbilt mit seiner imposanten Erscheinung auch aus der Masse der anderen LKW heraus – und es ging ja auch ein bisschen darum, ein Zeichen für die Umwelt zu setzen.

1,3 Millionen Kilometer, also rund 3,3 mal die Distanz Erde-Mond, haben Sie nahezu CO2-neutral zurückgelegt. Welche Kilometer bleiben Ihnen besonders in Erinnerung und warum?
Ich habe – oft sogar noch mit Anhänger – Biomüll zu den verschiedenen Kompogasanlagen transportiert. Somit half ich mit dem Truck sogar mit, meinen eigenen Treibstoff zu produziert, und das hat mir bei den ganzen Fahrten am meisten Spass bereitet.

Der Biogas-LKW hat acht Gastanks für insgesamt 150 Kilo Biogas an Bord. Quelle: CNG-Mobility.ch

Sie sind auch Mechaniker. Was gab es denn auf allen diesen Kilometern zu reparieren?
Eigentlich nichts. Der Motor läuft immer noch bestens, und ansonsten galt es nur die normalen Verschleissteile wie etwa Bremsen zu ersetzen.

Haben Sie in der gesamten Einsatzdauer auch Optimierungen am Antrieb vorgenommen, um beispielsweise Effizienz oder Reichweite zu erhöhen?
Nein, der Peterbilt und das Aggregat von der Detroit Diesel Corporation harmonierten so gut, dass sich so etwas nicht aufdrängte, zumal wir ja dank Biogas stets nahezu CO2-neutral unterwegs waren. Wir haben den von Anfang an so gefahren.

28 Jahre sind eine sehr lange Zeit, inzwischen gibt es auch Wasserstoff- und Elektro-LKW. Was spricht weiterhin für einen LKW mit Biogas-Antrieb?
Da gibt es verschiedene Gründe: Zum einen mit lediglich fünf Kilo Küchen- und Gartenabfällen kann der Peterbilt einen Kilometer weit fahren. Zum anderen können Biogas und auch andere erneuerbare Gase einfach gespeichert werden. Die CNG-Technologie ist zudem eine bewährte, und der Antrieb mit Biogas ist CO2-neutral.

Gibt es weitere Gründe?
Ausserdem steckt in einem Lastwagen mit Biogas-Antrieb viel weniger graue Energie, weil er im Gegensatz zu einem Elektro- oder Brennstoffzellen-Truck keine grossen Batterien benötigt. Es wäre meiner Meinung nach daher weiterhin sehr sinnvoll, die Gasmobilität mit erneuerbaren Gasen zu fördern und mehr Lastwagen, die mit erneuerbarem Gas angetriebenen werden, einzusetzen. Es ist dies auch vom Umbau her die preiswerteste Lösung, und vom Tankstellennetz her stellt auch der sofortige Alltagseinsatz kein Problem dar. Und das Potenzial von erneuerbarem Gas ist enorm.

Otto Egg erläutert Details des reinen Gasantriebs mit einem Detroit-Motor der Serie 60 mit stattlichen 440 PS. Quelle: CNG-Mobility.ch

Das heisst?
Zurzeit werden hierzulande höchstens 50 Prozent der Küchen- und Gartenabfälle energetisch genutzt. Würden also solche Abfälle nicht verbrannt, kann man damit in Kompogas- oder Kläranlagen Biogas als Treibstoff produzieren oder in Power-to-Gas-Anlagen synthetisches Gas herstellen, aber gleichzeitig auch noch Dünger für eine bessere Bodenqualität herstellen.

Was passiert nun mit dem Peterbilt – kommt er ins Museum?
Nein, nein, der Peterbilt ist weiterhin im Einsatz. Und wenn er mal ausgedient hat, wird er vielleicht in der Umwelt Arena, dem Kompetenzzentrum für energieeffiziente Mobilität, gezeigt werden. Aber das eilt nicht. In der Umwelt Arena gibt es auch so schon viel Spannendes zu entdecken – aktuell sogar eine neue Dauerausstellung zu erneuerbarem Gas.

Die Biogasanlage liefert die nötige Energie, die den Peterbilt seit 28 Jahren Kilometer für Kilometer CO2-neutral voranbriengt.  Quelle: CNG-Mobility.ch

Was wird denn dort aufgezeigt?
Die Ausstellung, die von der Schweizer Gasbranche unterstützt wird, macht wie mein altehrwürdiger Peterbilt deutlich, welchen Beitrag erneuerbare Gase leisten können, um die Klimaziele zu erreichen. Die Schweizer Gasbranche bekennt sich ja zur Netto-Null-Zielsetzung bei den Treibhausgasemissionen und damit zur Dekarbonisierung der Gasversorgung bis 2050. Daher soll Erdgas sukzessiv durch erneuerbare und klimaneutrale Gase ersetzt werden.

Mit erneuerbaren und klimaneutralen Gasen meine Sie…
Neben Biogas vor allem grünen Wasserstoff und daraus hergestelltes synthetisches Methan. In der Umwelt Arena in Spreitenbach werden die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von erneuerbarem Gas aufgezeigt, unter anderem in der Mobilität und im Schwerlastbereich. Besucherinnen und Besucher erfahren zudem, wie Biogas produziert wird und wie andere erneuerbaren Gase mit dem Power-to-Gas-Verfahren aus erneuerbarem Strom hergestellt und wo sie eingesetzt werden können. Die neue Dauerausstellung «Das grosse Potenzial von erneuerbarem Gas» zeigt auch, wie sich die absehbare Stromlücke im Winter mit innovativen Gaslösungen entschärfen lässt. Ich kann den Besuch der Ausstellungen nur empfehlen! (jas, 21. März 2023)

 

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