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Erneuerbare Stromüberschüsse ergeben sich in der Schweiz, wenn der Atomstrom in nicht allzu ferner Zukunft durch Photovoltaik ersetzt werden muss. Dann rückt mit Power-to-Gas (PtG) eine vielversprechende Technologie für eine nachhaltige Energieversorgung in den Fokus. PtG bezeichnet eine Gruppe von Verfahren zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff und in gasförmige oder flüssige Kohlenwasserstoffe – zum Beispiel Methan oder e-Diesel.
Mit dem Abbau der Nuklearenergie und dem geplanten Ausbau der Photovoltaik (PV) wird es in der Schweiz systembedingt zu temporären Überschüssen beziehungsweise Defiziten bei der Elektrizitätsproduktion kommen. Stromüberschüsse im Sommerhalbjahr gibt es in der Schweiz bereits heute. Gründe sind die erhöhten Erträge der Wasserkraft im Sommer und die kaum regelbare Nuklearenergie. Diese Überschüsse können heute noch in benachbarte Länder exportiert werden – aufgrund des zunehmenden Stromangebotes im Sommerhalbjahr allerdings zu immer niedrigeren Preisen. Da auch die Nachbarländer der Schweiz in die Photovoltaik investieren und dann zu den gleichen Zeiten wie die Schweiz Strommangel und -überschüsse haben werden, wird ein Export dieses Sommerstroms immer weniger möglich sein.
Eine Studie der Empa und des Paul-Scherrer-Instituts im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) hat erstmals detailliert das Potenzial von Power-to-Gas in der Schweiz untersucht. Dazu wurden die PV-Potenziale entsprechend des Projekts sonnendach.ch des Bundesamts für Energie (BFE) verwendet, bei der jedes einzelne Hausdach der Schweiz hinsichtlich Produktionspotenzial untersucht wurde. Berücksichtigt wurden 50 Prozent der für die PV-Produktion gut geeigneten Dachflächen.
Die Wirkungsgrade des PtG-Verfahrens liegen heute für mittlere Anlagen bei 45 bis 55 Prozent, weshalb dafür kein im Strommarkt direkt nutzbarer erneuerbarer Strom eingesetzt werden sollte, sondern ausschliesslich überschüssige Elektrizität.
Die wichtigsten Resultate der Studie:
• Mit dem angegebenen Ausbau der Photovoltaik könnten pro Jahr rund 24 Terawattstunden (TWh) Elektrizität produziert werden; 15 TWh davon im Sommer, 9 TWh im Winter.
• Mittels Speicher könnten rund 13 TWh an Überschüssen in die Dunkelzeit verschoben werden.
• Nach Abzug dieses Tag-/Nachtausgleichs ergibt sich ein jährlicher Netto-Stromüberschuss von 10,8 TWh.
• Dieser Überschuss könnte mittels Elektrolyse in 6,5 TWh Wasserstoff umgewandelt werden.
• In einem zweiten Schritt können die 6,5 TWh Wasserstoff in rund 5 TWh Methan (oder flüssige Kohlenwasserstoffe) umgewandelt werden.
• Mit diesen 5 TWh Methan könnten mit der heutigen Motorentechnik 640’000 Gasfahrzeuge betrieben werden, die einen Verbrauch von 4,3 kg CNG/100 Kilometer aufweisen und pro Jahr 14’000 Kilometer zurücklegen.
• Berücksichtigt man die künftigen Fortschritte in der Motorentechnologie und damit einhergehend die Steigerung von Wirkungsgrad und Energieeffizienz, besteht gar das Potenzial gegen eine Million Fahrzeuge in der Schweiz mit erneuerbarem Methan zu betreiben.
• Um die geplanten CO2-Vorschriften bei Personenwagen ab 2023 einhalten zu können, müssten je nach Ausreizung der Benzin-, Diesel- und Hybridtechnologie jährlich entweder 55’000 Elektrofahrzeuge, 90’000 Plug-in-Hybridfahrzeuge oder 90’000 mit synthetischem Methan betriebene Fahrzeuge neu in Verkehr gesetzt werden.
Die Forscher des PSI und der Empa kommen zum Schluss, dass die PtG-Technologie ein relevantes energetisches Potenzial hat, «um einen signifikanten Beitrag zur Zielerreichung der CO2-Werte zu leisten». Und sie sehen die Bedeutung von PtG in einem grösseren Zusammenhang: «Ohne PtG-Technologie besteht das Risiko, dass der Ausbau der Photovoltaik aufgrund des hohen Anteils an potenzieller Überschusselektrizität ins Stocken kommt, da der Strommarkt zeitweise mit erneuerbarer Energie gesättigt ist.»
Weitere Informationen zur nachhaltigen Mobilität unter empa.ch, hsr.ch und umweltarena.ch. (pd, 4. Juli 2019)