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Im Schwerverkehr sind europaweit immer mehr LKW mit CNG-Antrieb und LNG-Antrieb im Einsatz und tragen jetzt schon zur CO2-Reduktion bei. Quelle: Acea
Ein Viertel der CO2-Emissionen aus dem Strassenverkehr stammt in Europa allein aus dem Schwerlastsektor. Eine Studie von Forschenden der Ostschweizer Fachhochschule (OST) und weiteren europäischen Wissenschaftlern zeigte kürzlich, dass die europäische LKW-Flotte bis 2030 mindestens zu 37 Prozent von erneuerbaren Energien angetrieben werden muss, um die von der Politik gewünschten Reduktionsziele zu erreichen. Die Experten schauten sich dabei bewusst die ganze Bandbreite der Antriebe an. Die wichtigste Empfehlung der Wissenschaftler: Strenge und faire Vorschriften, damit alle erneuerbaren Technologien zur CO2-Reduktion beitragen können.
Beim «Ultimate Stop Over»-Event diskutierten Experten nicht nur über die Zukunft des Transport- und Logistik-Wesens, sondern präsentierten auch die ersten Effizienzresultate des Shell Starship Truck mit dem CNG-Antrieb von Cummins. Quelle: Shell
Die Experten plädieren dafür, dass bei den Emissionszielen für den Schwerverkehr künftig zumindest Well-to-Wheel-Ansätze (Förderung bis Nutzung im Fahrbetrieb) angewendet werden. Dafür hatten der EU-Rat und nun auch der Umweltausschusses des EU-Parlaments kein Gehör. Mit dem nun verabschiedeten EU-Vorschlag unterliegen beinahe alle neuen schweren Nutzfahrzeuge mit zertifizierten CO2-Emissionen – kleinere LKW, Stadtbusse, Reisebusse und Anhänger – den Emissionsreduktions-Zielvorgaben. Und ein technologieoffener Ansatz, der auch den Einsatz von Biogas– oder Wasserstoff-Motoren ermöglichen würde, fehlt aktuell im Gesetzestext.
«Mit Vorschlägen, welche die Verwendung CO2-neutraler Treibstoffe und Technologien ausschliessen, die die Fähigkeit der Industrie zur raschen Dekarbonisierung beschleunigen können, läuft diese Verordnung Gefahr, mehrere Segmente des Schwerlastverkehrs zurückzulassen», erläutert Benjamin Krieger, Generalsekretär des Europäischen Verbands der Automobilzulieferer (Clepa). «Europa braucht einen Rechtsrahmen, der eine Technologievielfalt und erschwingliche Lösungen ermöglicht.»
Dank eines Biogas-LKW der Migros Ostschweiz und einer cleveren Kombination der unterschiedlichen Transportvarianten kann Natursaft-Hersteller Biotta heute schon rund 3 Tonnen CO2 beim Transport einsparen. Quelle: GMOS – Natalie Löhrer
Und Sigrid de Vries, Generaldirektorin des Verbands der europäischen Automobilhersteller (Acea), wurde mit ihrer Kritik noch deutlicher: «Die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs ist kein Alleingang. Wir arbeiten in einem hochgradig vernetzten Verkehrs-Ökosystem. Um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Fahrzeughersteller florieren und ihre Ziele erreichen können, brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten einschliesslich der politischen Entscheidungsträger.»
Wie man CO2-Emissionen mit aktueller Technologie massiv senken kann, zeigt fast gleichzeitig im Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der unendlich langen Highways ausgerechnet ein Energie- und Erdölriese. Shell schickt in Amerika den futuristischen, knallig orange-gelben Starship-Truck wieder auf Sparfahrt – und zwar mit einem CNG-Antrieb von Cummins. Gas-LKW stossen gegenüber vergleichbaren Diesel-Trucks ja per se bis zu 35 Prozent weniger CO2 aus. Sind sie mit Biogas unterwegs, fahren sie sogar nahezu CO2-neutral. Und auch die Werte des Shell Starship 3.0 beeindrucken.
Das Spezialfahrzeugunternehmen Spevco und Reaper Custom Fabrication baut aktuell den Shell Starship 3.0 um beziehungsweise auf. Quelle: Shell/Cummins
Der feuerrote X15N-Grosskolben-CNG-Motor von Cummins, der weniger wiegt als seine Dieselpendants, liefert bis zu 500 PS und erfüllt die strengen EPA- und Carb-Emissionsvorschriften für 2024 und 2027 bereits heute. Auf seiner ersten Demonstrationsfahrt an der US-Westküste sammelte der Starship mit einem voll beladenen Anhänger auf einer 840 Meilen langen Schleife durch Kalifornien wichtige Leistungsdaten. Das Resultat: Gegenüber einem durchschnittlichen US-Diesel-LKW schafft der Zukunfts-Truck eine 2,542-mal bessere Frachttonneneffizienz auf der Basis von Tonnenmeilen pro Gallone und eine 3,23-mal bessere Frachttonneneffizienz auf der Basis von Tonnenmeilen pro Kilo ausgestossenem CO2. Vielversprechende Werte, die nun auf weiteren Demonstrationsfahrten verifiziert und weiter verbessert werden sollen.
Die für beste Aerodynamik optimierte Kabine des Shell Starship 3.0 hilft dem LKW ebenfalls dabei, möglichst effizient von A nach B zu kommen. Quelle: Shell
«Shell Starship ist ein Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit in der Branche den Weg zu nachhaltigeren Lösungen ebnen kann», erklärt Tom Mueller, General Manager von Shell Commercial Road Transport Lubricants, stolz. Der US-Truck zeigt auch, wie mehrere innovative, technologieoffene Lösungen und branchenübergreifende Kooperationen helfen, ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Motorenspezialist Cummins ist bewusst technologieoffen aufgestellt, darum kann die neue Grosskolbenmotoren-Generation neben Diesel und Biogas auch Wasserstoff verbrennen. Quelle: Cummins
Und Shell und Cummins geht es mit dem Einsatz des X15N-Grosskolben-CNG-Motors nicht darum, diesen Antrieb als alleinige Zukunftslösung zu propagieren, sondern nur, dessen vielseitige Einsatzmöglichkeiten aufzuzeigen, die bereits jetzt und nicht erst in Zukunft eine deutliche CO2-Reduktion ermöglichen. Der Motorenspezialist hat extra eine treibstoffunabhängige Plattform mit 15 und 10 Liter Hubraum entwickelt, die sowohl für Wasserstoff mit Direkteinspritzung und Magerverbrennung oder eben auch für Biogas und weiterhin Diesel geeignet ist. Die Industrie gibt für möglichst tiefe CO2-Werte also weiter Vollgas – egal, mit welchem Treibstoff! (jas, 24. Oktober 2023)
Der Hinweis auf der Tür X15N und das Cummins-Logo machen deutlich mit welchem zukunftsträchtigen und heute schon einsetzbaren Antrieb der Lastwagen in Amerika unterwegs ist. Quelle: Shell