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Rückschlag für Well-to-Wheel-Ansatz

In Brüssel wird die Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für Neuwagen diskutiert – mit brisanten Anpassungen und leider einem Rückschlag für Biogas und E-Fuels.

Quelle: EU

In Brüssel wird aktuell gerade der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/631 eruiert und angepasst. Eine von vielen, aber eine mit grosser Tragweite, denn dabei geht es um die Verschärfung der CO2-Emissionsnormen für Neuwagen und neue leichte Nutzfahrzeuge. Diese soll in Einklang mit den gestiegenen Klimazielen der Europäischen Union gebracht werden.

Die TRAN, die Kommission für Transport und Tourismus, hat dazu zwar einen Kompromissantrag angenommen, bei dem die EU sicherstellen muss, dass alle Lösungen, einschliesslich erneuerbarer Treibstoffe, dazu beitragen werden, den Verkehrssektor jetzt und auch nach 2035 zu dekarbonisieren. Pascal Arimont, Mitglied des Europäischen Parlamentes, hielt dazu fest: «Wir dürfen nicht zu früh alles auf ein Pferd setzen. Die EU-Kommission möchte nämlich, dass ab 2035 nur noch Neufahrzeuge mit Elektromotor zugelassen werden. Der Ausschuss ist mir in meiner Argumentation gefolgt, dass wir vielmehr technikoffene und flexiblere Lösungen für die europäischen Autofahrer vorsehen sollten.»

Dazu sei es laut der TRAN notwendig, bei der Messung von Emissionen über den reinen Tank-to-Wheel-Ansatz hinauszugehen – wie dies bislang der Fall ist und beispielsweise Elektroautos gegenüber Fahrzeugen bevorteilt, die mit Biogas oder anderen nachhaltigen Treibstoffen angetrieben werden. Die Emissionen seien künftig auf der Grundlage einer Well-to-Wheel-Berechnung und somit einer ganzheitlicheren Ökobilanz zu betrachten. «Ein striktes Verbot des Verbrennungsmotors im Jahre 2035 könnte zu schwerwiegenden Problemen für die Autoindustrie – Hersteller, Zulieferer, Auto-Werkstätten – und die rund 3,5 Millionen in dem Sektor beschäftigten Menschen führen», ergänzt der 47-jährige belgische EU-Politiker.

Die Argumente für Biogas und E-Fuels und somit einer Technologieoffenheit auf dem Weg zur Dekarbonisierung stiessen auch im gewichtigen EU-Umweltausschuss auf offene Ohren. Trotzdem mussten sich die Befürworter der Technologieoffenheit hier einer ganz knappen Mehrheit beugen, die weiterhin auf den Elektroweg setzen will. «Das ist ein herber Rückschlag für die Verbraucher und den Klimaschutz! Ohne Berücksichtigung von erneuerbaren Treibstoffen und einem Verbot des Verbrennungsmotors wird ein flexibler Technologiemix im Strassenverkehr abgelehnt, der alle klimafreundlichen Möglichkeiten zum beschleunigten Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen umfasst», sagte Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel-Alliance.

E-Fuel Diemer
Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel-Alliance. Quelle: eFuel-Alliance

Es ist daher zu hoffen, dass die EU-Parlamentarier am 7. Juni bei Ihrer Abstimmung über die neuen CO2-Vorschriften, das riesige Potenzial zur CO2-Minimierung von E-Fuels und Biogas nicht einfach aussen vorlassen und doch noch auf den Weg der Technologieoffenheit einschwenken. «Zum einen werden sich auch künftig nicht alle Menschen in der EU ein Elektroauto leisten können. Zum anderen führt uns der Ukrainekrieg und die daraus resultierende Energiekrise vor Augen, dass die Fixierung auf eine einzige Option zu gefährlichen Abhängigkeiten führen kann, wenn das globale Wirtschaftssystem ins Wanken gerät», ergänzt Diemer mahnend.

Um sicherzustellen, dass die Emissionen so wirksam wie möglich gesenkt werden, hielt es der TRAN nämlich für notwendig, dass spätestens Ende 2023 eine harmonisierte Methodik für die Erfassung des CO₂-Fussabdrucks von Fahrzeugen während deren ganzen Lebenszyklus festgelegt wird. Nur so sei es möglich, einen Überblick über die gesamten Umweltauswirkungen von Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen zu erhalten und somit entsprechende und zielgerichtete Massnahmen und Verschärfungen der CO2-Emissionsnormen auf den Weg zu bringen. Denn durch die Lebenszyklusanalyse der Emissionen von Fahrzeugen, Treibstoffen und Energie wird auch die Treibhausgasintensität bei der Gewinnung von Mineralien, der Produktion und dem Recycling berücksichtigt – das schafft Vergleichbarkeit und ebnet den Weg für eine Technologieoffenheit zugunsten aller nachhaltiger Antriebsvarianten.

Schafft das EU-Parlament  Anfang Juni Technologieoffenheit oder legen sich die Kollegen von Charles Michel (EU-Ratspräsident) und Ursula von der Leyen (EU-Kommissionspräsidentin) weiter auf den Tail-Pipe-Ansatz und ebnen somit der Elektromobilität den Weg? Quelle: EU

Ob die EU-Parlamentarier bei der Abstimmung am 7. Juni statt Klimaschutztechnologien gegeneinander auszuspielen, sich auf den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energie und Treibstoffe konzentrieren, wird sich weisen. Mit einem Ja zur Technologieoffenheit, könnten endlich gleiche Spiesse für alle nachhaltigen Energieträger geschaffen werden und somit auch Biogas und E-Fuels ihren wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Dekarbonisierung der Mobilität leisten. (jas, 17. Mai 2022)

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