Portal für klimafreundlichere Mobilität

EBA/GIE
 
 

Mehr Biogas für ganz Europa

Auch wenn das Klima für Biogas im Mobilitätsbereich in der Schweiz teils rauer wird, auf EU-Ebene gibt es positive Signale für die Nutzung erneuerbarer Gase. So ist beispielsweise die Biogas-Kapazität in der EU um 37 Prozent angestiegen und bis 2030 werden 25 Milliarden Euro an privaten Investitionen für ein weiteres Wachstum des Biogassektors sorgen.

Der Europäische Biogasverband (EBA) hat zusammen mit Gas Infrastructure Europe (GIE) bereits zum fünften Mal seine offizielle Biogas-Karte veröffentlicht. Und dort zeigt die Produktionskapazität von Biogas nur in eine Richtung: nach oben! 6,4 Milliarden Kubikmeter Biogas können nämlich pro Jahr für mehr Klimaschutz europaweit eingesetzt werden und somit Gas aus fossilen Quellen ersetzen. 1548 Biogasanlagen gibt es inzwischen auf unserem Kontinent. Über 80 Prozent dieser Anlagen sind ans Gasnetz angeschlossen; knapp die Hälfte (49 Prozent) sind ans Verteilernetz und 14 Prozent ans Transportnetz angeschlossen.

Erzeugt mit dem Biogas nicht einfach Strom, sondern speist es cleverer Weise direkt ins Netz ein: die Grossanlage von EcoBioVal im jurassischen Courtemelon. Quelle: EcoBioVal

Das Wachstum in den 27 EU-Mitgliedstaaten beträgt satte 37 Prozent, während die Kapazität in den untersuchten Nicht-EU-Ländern lediglich um 20 Prozent zulegen konnte. Positiv dabei: In der Schweiz stieg die Anzahl der Produktionsanlagen von 40 auf 42 und mittlerweile gibt es ja hierzulande bereits 44 Biogasanlagen, die das erneuerbare Gas direkt ins Netz einspeisen. Und das ist gut so, denn der Anteil an erneuerbarem Gas soll gemäss dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie VSG bis 2050 laufend erhöht werden.

Die 5. Ausgabe der Biogas-Karte der beiden Verbände, Gas Infrastructure Europe (GIE) und Europäischer Biogasverband (EBA), gibt es als PDF oder auch als interaktive Variante. Quelle: EBA/GIE

Im internationalen Vergleich haben dem Biogas-Pionier Schweiz, der 1997 weltweit zum ersten Mal Biogas ins Gasnetz einspeiste, Frankreich und Italien inzwischen den Rang abgelaufen. Die Franzosen haben ihre Biogaskapazitäten im Vergleich zur letzten Ausgabe dieser EBA-Karte fast verdoppelt und 200 neue Anlagen gebaut. Italien verzeichnet ebenfalls ein deutliches Wachstum: Die Anzahl der Biogasanlagen wurde vervierfacht und die Gesamtkapazität der Anlagen mehr als verdreifacht!

«Diese fünfte Ausgabe der Karte zeigt, dass Biogas die grüne Lösung von heute ist. Die Gasinfrastrukturbetreiber begrüssen diesen Anstieg um 37 Prozent und werden die Entwicklung weiter vorantreiben. Die Synergien von Erdgas und Biomethan sind auf technischer, wirtschaftlicher und politischer Ebene von unschätzbarem Wert», erläutert Pierre Duvieusart, GIE-Vorstandsmitglied. «Mit einer unterstützenden Politik und gemeinsamen Anstrengungen können wir diversen Sektoren helfen, schnell und kosteneffizient zu dekarbonisieren.» Die gesamte in Europa installierte Biogas-Kapazität hilft, jährlich fast 29 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zu vermeiden und liefert pro Jahr erst noch 830’000 Tonnen an hochwertigem, organischem Dünger.

Für die Belieferung seiner Berner Filiale nutzt der Detailhändler Lidl lokal produziertes Biogas ‹made in Bern›, was die CO2-Emissionen im Strassenverkehr verringert und gleichzeitig auch hilft, Abfälle sinnvoll wiederzuverwerten. Quelle: CNG-Mobility.ch

Biogasanlagen können ausserdem fünf Millionen europäische Haushalte das ganze Jahr über mit erneuerbarer Energie versorgen oder Bio-LNG für Transportlösungen liefern. «Das signifikante Wachstum des Biomethan-Sektors zeigt die Entschlossenheit der Industrie, die ‹REPowerEU›-Ziele zu erreichen», so Giulia Cancian, Generalsekretärin des Europäischen Biogasverbandes. «Um diesen Fortschritt aufrechtzuerhalten, ist es entscheidend, dass die EU-Mitgliedstaaten klare Ziele und Wege festlegen und die EU selbst den Sektor mit langfristigen Massnahmen und administrativen Vereinfachungen für die Betreiber unterstützt.» Dies würde der Energiewende weiteren Schub verleihen und so Europa den langfristigen Zielen in Bezug auf Energiesicherheit und Klimaschutz näherbringen.

Private Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro bis 2030 werden dem Biogassektor in den nächsten Jahren gemäss EBA zusätzlichen Schub verleihen. Die prognostizierten Investitionen werden zur Errichtung von 950 neuen Biomethananlagen in ganz Europa führen. Je nach Bedarf kann dieses Biogas als Wärmequelle, Prozessenergie oder eben auch Treibstoff genutzt werden. Positiv, denn europaweit gibt’s diverse Beispiele, wo man Diesel-Trucks durch Fahrzeuge mit CNG- oder LNG-Antrieb ersetzt. Schliesslich stossen Gas-LKW gegenüber vergleichbaren Diesel-Trucks bis zu 35 Prozent weniger CO2 aus. Sind sie mit Schweizer Biogas unterwegs, sind es bis 85 Prozent weniger. Und selbst mit LNG lassen sich grosse Mengen an Treibhausgas-Emissionen einsparen. Das durch Abkühlung verflüssigte CNG verbrennt deutlich sauberer und verursacht 15 Prozent weniger CO2, 35 Prozent weniger Stickoxide und sogar 95 Prozent weniger Feinstaub als Diesel. Stammt es aus erneuerbaren Quellen, ist man mit LBG oder Bio-LNG sogar nahezu CO2-neutral unterwegs.

DHL Supply Chain nimmt in Irland 50 neue Biogas-LKW in seine Flotte auf, um die Versorgung der 177 Filialen des Tesco-Irland-Netz sicherzustellen: Quelle: DHL Supply Chain

Verschiedene Spediteure und Logistiker setzen daher auf Biogas-Power. So hat beispielsweise soeben Tesco Irland zusammen mit DHL Supply Chain 50 hochmoderne Biogas-LKW in seine Flotte aufgenommen und kann die 177 irischen Filialen des Detailhändlers Tesco nun problemlos nahezu klimaneutral beliefern. «Unsere Partnerschaft mit Tesco zeigt, was durch ein gemeinsames Engagement für Nachhaltigkeit erreicht werden kann! Wir freuen uns darauf, diese Reise gemeinsam fortzusetzen», so David O’Neill von DHL Supply Chain. Und in Deutschland setzen Hellmann Worldwide Logistics und Edeka Minden-Hannover auf verflüssigtes Biogas, also LBG/Bio-LNG, und bauen dazu teilweise mit Partnern sogar Tankstelleninfrastruktur auf, um den CO2-Fussabdruck im Schwerlastverkehr deutlich zu reduzieren.

Aktuell sind bereits rund 300 LNG-Fahrzeuge bei der Edeka Minden-Hannover im Einsatz, und es werden wöchentlich mehr. Allein im Jahr 2023 hat die Edeka Minden-Hannover durch den Einsatz von LBG/Bio-LNG nachweislich rund 16’000 Tonnen CO2 eingespart. Quelle: Edeka Minden-Hannover/Iveco

In der Schweiz haben Biogas- und CNG-Nutzer aktuell dagegen einen etwas schwereren Stand. Denn derzeit sieht es leider so aus, dass die Tankstellendichte in der Schweiz abnimmt, was in einigen Regionen zu einer Verschlechterung der Biogas-/CNG-Versorgung führt. Obwohl der CNG-Antrieb mit Biogas im Tank eine CO2-neutrale Fahrweise ermöglicht, ist diese umweltfreundlichere Art der Mobilität derzeit nicht im Fokus. Die Betriebsdauer der einzelnen Stationen hängt stark von den jeweiligen Betreibern und der Strategie der jeweiligen Werke/Lieferanten ab. Während im Kanton Fribourg beispielsweise alle von der Groupe E betriebenen CNG-Tankstellen trotz Protesten bis Ende Jahr schliessen sollen, hat der Berner Energieanbieter ewb eine Tankstellenschliessung überdacht und will die Biogas-Tankstelle beim Einkaufszentraum Westside nun doch bis 2029 weiterbetreiben.

Bereits seit 10 Jahren liefert die Biogasanlage der Axpo in Winterthur ZH erneuerbares Gas und weitere, wertvolle Produkte. Quelle: Axpo

Und auch punkto Biogasanlage gibt es gute News aus der Schweiz. Und damit schliesst sich nicht nur wie beim Biogas ein Stoffkreislauf, sondern auch der Kreis bezüglich der Biogasproduktion. In Winterthur ZH etwa verwertet die Vergärungsanlage beispielsweise bereits seit zehn Jahren Grünabfälle aus Winterthur, Frauenfeld und den umliegenden Gemeinden. Rund 210’000 Tonnen biogener Reststoff wurden so wiederverwertet und daraus über 115 Millionen kWh hochwertiges Biogas gewonnen, das ins Gasnetz eingespeist wurde. Hinzu kommen Tonnen von hochwertigen Erden-, Dünger- und Holzprodukten, die an die Landwirtschaft, den Gartenbau und private Kundinnen und Kunden geliefert werden konnten. Und seit diesem Jahr ermöglicht eine CO2-Verflüssigungsanlage und die Zusammenarbeit mit der Neustark AG die Einlagerung von Kohlenstoffdioxid in Beton, den CO2-Ausstoss der Biogasanlage weiter markant zu senken – so sieht eine zukunftsträchtige Biogasproduktion heute im Alltag aus! (jas, 15. Juli 2024)

Neustark - GründerValentin Gutknecht (links) und Johannes Tiefenthaler, die beiden Gründer von Neustark, lassen in der Region Bern das biogene CO2 sogar extra von einem Biogas-Scania der Salzmann AG Transporte aus Worb BE transportieren, um möglichst klimaneutral unterwegs zu sein. Quelle: Neustark

 

Das könnte Sie auch interessieren

Klimafreundlichere Mobilität:
Dank unserem LinkedIn-Profil bleiben Sie am Ball!