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Landwirtschaftliche Biogasanlagen helfen europaweit bei der Dakarbonisierung, in der Schweiz wird ihre Förderung bis 2030 nun neu geregelt. Quelle: New Holland
Wer in der Schweiz eine Biogasanlage betrieb, profitierte vom Einspeisevergütungs-System (EVS) – ehemals KEV. Nun wird dieses zumindest bis 2030 von der revidierten Energieförderungsverordnung abgelöst. Die tritt bereits ab Januar 2023 in Kraft. Neu werden dabei die Investitionskosten mit einem Beitrag (à Fonds perdu) berücksichtigt, und zudem kann für Biomasseanlagen ein Betriebskostenbeitrag beantragt werden.
Klingt positiv und könnte helfen, den Bau der in der Schweiz dringend benötigten weiteren Biogasanlagen voranzutreiben, um das gesamte Potenzial von Biogas für die Dekarbonisierung vom Wärmemarkt oder auch der Mobilität auszuschöpfen. Nur: Selbst mit dem vom Bund nun festgelegten Beiträgen wird der wirtschaftliche Betrieb von landwirtschaftlichen Biomasseanlagen gemäss Fachverband Ökostrom Schweiz herausfordernd bleiben. Das neue Fördermodell sieht einen Betriebskostenbeitrag für Biomasseanlagen pro eingespeiste Kilowattstunde vor. Der Beitrag fällt am höchsten – bis zu 29 Rappen pro kWh – aus, wenn ausschliesslich landwirtschaftliche Biomasse – Gülle, Mist und organische Reststoffe – vergärt wird. Ob dies und der Investitionsbeitrag von bis zu 50 Prozent aber wirklich reichen, um den Ausbau von landwirtschaftlichen Biomasseanlagen zu pushen, muss sich erst noch zeigen.
In der Schweiz werden Biogasanlagen teilweise sogar CO2-neutral mit neuem Substrat beliefert, wie das Beispiel mit dem CNG-Scania mit Biogas im Tank zeigt. Quelle: CNG-Mobility.ch
Spätestens im neuen Energiegesetz, das aktuell im Parlament diskutiert wird und ab 2025 in Kraft treten soll, müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden und muss beispielsweise auch Wärme-Kraft-Kopplung, mit der das nachhaltige Biogas neben der Mobilität am besten genutzt werden kann, ins Gesetz aufgenommen werden. Denn aktuell werden schweizweit nur etwa fünf Prozent des gesamten Biomassenpotenzials genutzt. Da sind die Zahlen für Europa, wie der neuste statistische Report der European Biogas Association (EBA) zeigt, bedeutend erfreulicher. «Der Biogas- und Biomethansektor hat bereits 18,4 Milliarden Kubikmeter erneuerbares Gas nach Europa geliefert», rechnet Harmen Dekker, CEO der EBA, vor. «Mittelfristig ist unser Sektor eine tragende Säule der <REPowerEU-Strategie>, die unter anderem vorsieht, bis 2030 jährlich 35 Milliarden Kubikmeter nachhaltiges Biogas bereitzustellen, um den Klimawandel abzuschwächen und die strategische Autonomie der EU zu stärken.» Bis 2050 könne man gemäss Dekker sogar es bis zu 167 Milliarden Kubikmeter liefern, was satte 62 Prozent des gesamten Gasbedarfs der EU decken würde.
«Die Nachfrage nach Biogas für alle Endverwendungszwecke ist gross: Im vergangenen Jahr verzeichnete der Sektor ein noch nie dagewesenes Wachstum mit einem Anstieg der Produktion um 20 Prozent und einer Gesamtmenge von 3,5 Milliarden Kubikmeter», hält der CEO der EBA stolz fest. Für 2022 wird übrigens ein noch grösseres Wachstum erwartet, da letztes Jahr mit 184 Stück eine Rekordzahl an neuen Biogasanlagen europaweit die Produktion aufgenommen hat oder 2022 in Betrieb gegangen ist.
Der Einsatz von erneuerbaren Gasen leistet einen wesentlichen Beitrag zu den Klimazielen, aber auch zur Unabhängigkeit der EU von Erdgasimporten. Zudem konnten auch die Kosten für die Biogasproduktion weiter gesenkt werden. Es liegt also auf der Hand, dass die Beschleunigung der europäischen Biogasproduktion und die Beschleunigung des Übergangs zu sauberer Energie nicht nur mehr Energiesicherheit liefert, sondern auch hilft, die aktuell extrem volatilen Gaspreise zu stabilisieren. Im EBA-Statistikbericht wird die Entwicklung des zukunftsträchtigen Biogassektors eindrücklich festgehalten und werden detaillierte Infos zur Biogas- und Biomethanproduktion und -nutzung in ganz Europa offengelegt. (pd/jas, 22. Dezember 2022)
Die Anzahl der Biogasanlagen sollte europaweit steigen, um so mit regionaler Energie die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Quelle: «Gas for Climate»