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Wangnick
Carsten Wangnick
 
 

«Ich bin der experimentierfreudige Exot»

Carsten Wangnick wohnt in der Nähe von Freiburg im Breisgau (D) und arbeitet in Bubendorf BL. Den Arbeitsweg von etwas mehr als 100 Kilometer meistert der Pendler zwischen den Nationen mit einem biogasbetriebenen Skoda Octavia G-Tec.

WangnickMit dem Skoda Octavia G-Tec fährt Carsten Wangnick von Freiburg im Breisgau (D) zur Arbeit nach Bubendorf BL. Quelle: Carsten Wangnick

Carsten Wangnick, warum setzten Sie auf ein CNG-Auto?
Carsten Wangnick, Chemiker und Senior Scientific Advisor QA bei Carbogen Amcis AG: Ich möchte meinen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Meine Frau hat mich auf diese Alternative aufmerksam gemacht. Ich habe mich dann informiert und die Vorteile gesehen. Diese Alternative ist ausgereift, verbindet Umweltfreundlichkeit und günstige Unterhaltkosten. Eigentlich wollte ich auf ein Elektroauto mit vernünftiger Reichweite warten, dann gab es dank der Diesel-Abwrackprämie die Möglichkeit, günstig ein CNG-Auto zu kaufen. Seit dem 1. August 2018 fahre ich nun einen Skoda Octavia Kombi mit CNG-Antrieb.

Ihr Arbeitsweg von Waldkirch (D) zur Carbogen Amcis AG ist rund 100 Kilometer lang. Auf den Zusatztank mit Benzin dürften Sie demnach nur sehr selten bis nie zurückgreifen?
Ja, in den zweieinhalb Jahren habe ich nur eineinhalb Tankfüllungen Benzin benötigt. Ich bin Wochenaufenthalter in Tenniken und bin vor der Corona-Pandemie neben der wöchentlichen Hin- und Rückfahrt zusätzlich ein bis zweimal nach Aarau beziehungsweise Hunzenschwil gefahren. Vor der Homeoffice-Empfehlung habe ich so rund eine CNG-Tankfüllung in der Woche verfahren.

Wie beurteilen Sie das Tankstellennetz für CNG-Fahrzeuge in Deutschland und in der Schweiz?
Wenn man in der richtigen Gegend wohnt, ist es in Ordnung. Im Raum Freiburg im Breisgau gibt es fünf CNG-Tankstellen. Aber sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland gibt es weisse Flecken auf der Landkarte. Ich spreche da die Regionen Engadin, Schwarzwald oder Ostdeutschland an. Leider wurden zudem zwei Tankstellen in Titisee-Neustadt und Rottweil in den letzten Jahren geschlossen. Tanken tue ich auch nur selten in der Schweiz.

Aus welchem Grund?
Seit Januar 2020 wird in Südbaden bei allen Tankstellen 100 Prozent nachhaltiges Biomethan angeboten, das in Deutschland genauso günstig und teilweise sogar günstiger als fossiles Erdgas ist. In der Schweiz liegt der Biogasanteil im CNG dagegen nur bei ca. 20 Prozent. Meine Tankkosten liegen bei ca. 4,50 Franken pro 100 Fahrkilometer. Bei entspannter Fahrweise verbraucht der Skoda Octavia Kombi knapp 4 Kilogramm Biogas pro 100 Kilometer.

WangnickAlltagstauglichkeit, Klimafreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit sind für Carsten Wangnick unschlagbare Kaufargumente. Quelle: Carsten Wangnick

Wie reagiert Ihr Umfeld auf das CNG-Auto?
Ich bin der experimentierfreudige Exot. Die Familie steht voll dahinter und bei den Kollegen wird es zwar interessiert wahrgenommen, jedoch nicht als Option für sich selbst gesehen. Zudem wird CNG leider nicht im allgemeinen umweltpolitischen Diskurs als ernsthafte Alternative behandelt. Die 200-Bar-Tanks sind auch nicht jedermanns Sache. Dabei ist die Technik vollkommen ausgereift.

Wie zufrieden sind Sie aufgrund Ihrer bislang gemachten Erfahrungen?
Das Auto läuft problemlos, das Tanken ist einfach. Für mich ist ein CNG-Fahrzeug die beste Alternative zu Benzinern – auch, weil ich keine Wallbox für ein E-Auto montieren kann. Das Kofferraumvolumen ist geringfügig kleiner und durch den Stahltank ist mein Auto etwas hecklastig. Das ist auf Schweizer Bergstrecken im Winter nicht ganz ideal. Neue Modelle haben aber schon leichtere, kohlefaserverstärkte Tanks. Auch Allradantrieb ist konstruktionsbedingt leider nicht möglich. Das sind Nachteile, die aber durch die ökologischen und ökonomischen Vorteile mehr als ausgeglichen werden.

Wie entgegnen Sie folgender, gängiger Aussage: «Weil die Politik auf Elektrofahrzeuge setzt, hat der CNG-Treibstoff wenig Perspektive.»
Die Politiker in Deutschland fördern klimafreundliche Antriebkonzepte nicht technologieoffen. Der Autoindustrie werden für CNG-Modelle keine Anreize gegeben, weshalb sie diese tolle Alternative nicht weiter entwickeln. Die Benachteiligung bei der Anrechnung in der Flottenverbrauchsberechnung in Deutschland ist dabei ein entscheidender Grund, warum unter anderem bei VW die Entwicklung auf Eis gelegt wurde. Die Flottenverbrauchsberechnung geht in Deutschland von Zero-Emission bei E-Autos, aber hundertprozentigem fossilem Erdgas bei CNG-Modellen aus. Eine bessere Perspektive hat der LNG-LKW und als «Nebenprodukt» können dann die CNG-PKW in dessen Windschatten weiter tanken und fahren. Eine aktuelle Entwicklungsstudie eines E-/CNG-Hybrid-Modells finde ich zudem sehr interessant. Die Kombination eines auf die Klopffestigkeit von CNG optimierten Motors mit den Vorzügen des E-Antriebes ist nochmals effizienter und könnte einen grösseren Käuferkreis erreichen, zumal es eine Reichweite von 900 km bei einem Verbrauch unter 3 l hat. Ich würde so ein Auto jedenfalls sofort kaufen.

Wie würden Sie ein CNG-Auto trotzdem empfehlen?
Für mich ist die Kombination aus Alltagstauglichkeit, Klimafreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit unschlagbar und ganz klar das Kaufargument schlechthin. So ist ein CNG-Fahrzeug mit 100 Prozent Biogas betrieben ökologisch mindestens gleichauf mit Elektrofahrzeugen, sogar wenn diese mit 100 Prozent Öko-Strom fahren. Es ist absolut zuverlässig und hat als Verbrenner trotzdem keine nennenswerten NOx- und Feinstaub-Emissionen. Vorteile bieten auch der schnelle Tankvorgang und der vorhandene Benzintank als Sicherheitsreserve, auch wenn dieser bei neuen Modellen wie dem attraktiven Audi A5 g-tron mit nur einem 7‑Liter-Reservetank etwas klein ausfällt. (mig, 1. März 2021)

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