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Erneuerbare Gas und die Power-to-Gas-Technologie spielen eine wichtige Rolle für die Dekarbonisierung, wie der 1. Schweizer Power-to-Gas-Kongress zeigte. Quelle: Energie Cluster
«Hat die Schweiz genügend Strom? Heute und in Zukunft?», fragte Martin Rüdisüli, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Urban Energy Systems Laboratory an der Empa, zum Auftakt des 1. Schweizer Power-to-Gas-Kongresses. Er zeigte auf, wie, wo und wieviel Strom in der Schweiz aktuell produziert wird, und wies zugleich auf das derzeitige «Jahreszeitenproblem» hin: Im Sommer kommt es zur Stromschwemme, im Winter dagegen regelmässig zu Stromlücken. Der Empa-Experte nannte gravimetrische Speicher (wie Speicherseen) oder chemische (PtX sowie Sektorkupplung) und thermische Speicher als mögliche grosse Hebel zur Behebung dieses Problems.
Im Anschluss präsentierte Markus Wörz, Leiter Energiepolitik Deutschland der Thüga AG, die Marktsituation von Power-to-Gas im grossen Nachbarkanton. «Betrachtet man den Primärenergieverbrauch in Deutschland, haben wir noch einen weiten Weg vor uns», so Wörz. «Rund 85 Prozent müssen bis 2045 noch klimaneutral gemacht werden.» Hinzu komme der «New Green Deal» der Europäischen Union, der unter dem Motto «Fit for 55» weitere Reduktionsziele fürs Jahr 2055 setze. Mögliche Ansätze für die Umsetzung solcher Strategien sieht er in einer ausgeweiteten Wasserstoffstrategie, die «anwendungsoffen» den Einsatz von klimaneutralem Gas in allen Sektoren ermöglichen solle. Eine entscheidende Lösung könnte dabei ein länderübergreifendes Gas- und Wasserstoffnetz sein, so Wörz.
Angeregte Diskussionen über die Energiezukunft der Schweiz am 1. Power-to-Gas-Kongress. Quelle: Energie Cluster
Am ersten Power-to-Gas Kongress sprach auch Pascal Previdoli, stellvertretender Direktor und Leiter der Abteilung Energiewirtschaft im BFE, über die Versorgungssicherheit der Schweiz und die Energieperspektiven für 2050, in denen Power-to-Gas sowie Power-to-X ebenfalls einen gewissen Stellenwert haben. «Bis zum Jahr 2050 wird der Verbrauch um 24 Prozent steigen», hielt er fest. Previdoli geht daher von einem Gesamtverbrauch von 84 TWh für die Schweiz aus und fordert einen deutlichen Anstieg der einheimischen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien sowie Wasserkraft und zum anderen eine gute Anbindung ans europäische Stromsystem.
Positiv stimmten die präsentierten Beispiele des Hybridwerks Aarmatt in Zuchwil SO und der ersten industriellen Power-to-Gas-Anlage der Limeco in Dietikon ZH. Klar wurde ausserdem, dass die Energiewende nicht mit einem Energiesystem oder einer Technologie allein gelöst werden wird. Dies macht auch Daniela Decurtins, Direktorin des Verbandes der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), deutlich. Sie zeigt auf, dass Gas eine saisonale Speicherung möglich mache und die Power-to-Gas-Technologie somit die Sektorkopplung ermögliche und gleichzeitig die Palette an klimaneutralen Gasen erweitere. «Die Gasinfrastruktur kann eine Vielzahl an erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen aufnehmen», so Decurtins, «und bis 2050 wird die Gasversorgung dekarbonisiert.»
Quelle: VSG
Die grüne Energie für die Zukunft ist also auf gutem Weg. Der «Fuel-Switch» von fossilen hin zu erneuerbaren Gasen in greifbare Nähe gerückt. Dies ist auch positiv für alle CNG- und LNG-Fahrzeuge. Denn dank Biogas – ist schon heute verfügbar – oder durch Pyrolyse aus Biomasse oder über die Power-to-Gas-Technologie mit erneuerbarem Strom hergestelltem, synthetischem Gas werden künftig noch mehr Fahrzeuge klimaneutral unterwegs sein können – und dies trotz einem Verbrennungsmotor unter der Haube! (pd/jas, 30. September 2021)