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CNG- und LNG-Antriebe – wie bei diesem Volvo Truck – bilden eine Möglichkeit, um den Güterverkehr rasch zu dekarbonisieren. Quelle: Volvo
Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag hat sich in einer Resolution 2021 dazu verpflichtet bis 2030 eine CO2-Reduktion um 50 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. Das bedeutet gemäss Treibhausgasinventar des Bundesamts für Umwelt Bafu, dass das Strassentransportgewerbe in acht Jahren – immer bezogen auf Fahrten von A nach B – nur noch rund eine Million Tonnen CO2 verursachen dürfte. Heute stösst es knapp 2,25 Millionen aus, der Weg zum Ziel ist also noch weit und durchaus ambitioniert. Doch Astag-Zentralpräsident Thierry Burkart ist zuversichtlich, dass dies durch einen gemeinsamen Effort der Branche möglich ist. Um seinen Mitgliedern auf dem Weg der Dekarbonisierung zu helfen, lancierte sein Verband unter anderem die Aktion «We go green!».
Dahinter steht die Absicht, wirksame Massnahmen auf freiwilliger Basis zu ergreifen. Bei allen unternehmerischen Tätigkeiten der Transportfirmen sollen die Treibhausgasemissionen, wo immer möglich, reduziert werden – mit vernünftigen, sinnvollen Massnahmen zu einem tragbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Astag fokussiert zudem absichtlich auf Massnahmen, die sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für grosse Transportunternehmen umsetzbar sind.
Frau Katic, die Aktion «We go green!» ist für die Mitglieder freiwillig, wie stellen Sie sicher, dass möglichst viele mitmachen?
Stefanie Katic, Zuständige Betriebswirtschaft bei Astag Schweizerischer Nutzfahrzeugverband: Transportunternehmen leisten bereits heute einen enormen Beitrag – nur ist das noch zu wenig bekannt! Hätten Sie gewusst, dass dank laufender Flottenerneuerung heute schon mehr als 95 Prozent aller Tonnenkilometer mit modernsten Nutfahrzeugen der Euro-5- und Euro-6-Normen zurückgelegt werden? Der Schadstoffausstoss sank dadurch auf nahezu Null, der Anteil des Schwerverkehrs an den gesamten CO2-Emissionen in der Schweiz liegt nur gerade bei knapp sechs Prozent. Im ersten Schritt wollen wir also erreichen, dass die Mitglieder den Ist-Zustand ihrer CO2-Massnahmen deklarieren und transparent ausweisen. In einem zweiten Schritt sind unsere Mitglieder eingeladen, zusätzliche Massnahmen umsetzen. Dabei geht es primär um Massnahmen, die direkt und spezifisch auf den Betrieb mit seinen Eigenheiten zugeschnitten und umsetzbar sind.
Mit der neuen Internetseite zu «We go green!» haben Sie eine Plattform für die vollzogenen Massnahmen geschaffen und verleihen im Gegenzug ein Klimalabel – wie funktioniert das Ganze genau?
In erster Linie geht es hier nicht um ein Label, welches vergeben wird. Wir haben zwar ein Logo geschaffen, das die Mitglieder nutzen können, um externe Personen wie die Kunden, die Öffentlichkeit oder die Politik für das Engagement zu begeistern und zu sensibilisieren. Aber ein Label im Sinne einer «Qualitätsbescheinigung» existiert so nicht. Die Mitglieder können sich auf der Webseite anmelden und in einem dafür geschaffenen Formular ihre CO2-Massnahmen deklarieren. Sie erhalten anschliessend die Berechtigung, das Logo «We go green!» zu nutzen.
Quelle: Astag
Klimamassnahmen oder Umstellungen von Diesel auf alternative Antriebe kosten im ersten Moment den Transporteur, der knallhart kalkulieren muss, erst einmal eine Stange Geld, lohnen sich diese Investitionen dennoch?
In der Anschaffung sind Fahrzeuge mit alternativen Antriebssystemen – Stand heute – sicherlich sehr kostenintensiv. Kleine Unternehmen können sich solche Investitionen bisher noch kaum leisten, da sie teilweise nicht über die nötigen Mittel verfügen. Die Astag setzt sich daher für Anschubfinanzierungen ein, damit alternative Antriebe für möglichst alle Unternehmen zu einer echten «Alternative» werden.
Sie schlagen im Rahmen von «We go green!» gleich 34 Massnahmen vor. Was sind die wichtigsten?
Selbstverständlich sind alle wichtig, jeder Beitrag beziehungsweise jede einzelne, umgesetzte Massnahme hilft die CO2-Bilanz zu verbessern. Für die Zielerreichung sind jedoch nur Massnahmen relevant, die sich auf die CO2-Emissionen im Rahmen der Geschäftstätigkeit – also in erster Linie des Transportvorgangs – auswirken. In Frage kommen primär die Bereiche Fahrzeugbeschaffung, Fahrzeugeinsatz und Treibstoffverbrauch. Je mehr Unternehmen in diesen Bereichen aktiv sind desto eher gelingt es, das angestrebte Reduktionsziel von minus 50 Prozent zu erreichen. Als wichtigste Kennzahl bei der Messung des CO2-Austosses der Branche dient übrigens das jährlich aktualisierte Treibhausgasinventar des Bundesamts für Umwelt.
Das Berner KMU Vogt Cargo macht es vor, der Fracht- und Expressspezialist tankt für seine Stückgut- und Logistiktouren Biogas und ist dadurch nahezu CO2-neutral unterwegs. Quelle: CNG-Mobility.ch
Nicht jedes Transportunternehmen kann sich beispielsweise einen teuren E-Lastwagen leisten, welche Optionen gibt es noch?
Nicht nur mit einem Kauf eines neuen Fahrzeuges lässt sich der CO2-Ausstoss verringern. Nur schon die Verbesserung der Routenplanung, der Verzicht aufs Mitführen von unnötigem Ballast wie Schneeketten (im Sommer), nicht benötigten Zusatzgeräten (Hubstapler usw.) und Aufbauten führen dazu, dass weniger Treibstoff verbraucht wird und so der CO2-Ausstoss minimiert wird.
Wie sehen Sie die Rolle von CNG- und Biogas-Fahrzeugen auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Güterverkehr?
Die Astag hat ganz grundsätzlich eine technologieneutrale Haltung in Bezug auf Antriebsformen von Nutzfahrzeugen. Die Vor- und Nachteile müssen stets auf die Eigenheiten und Anforderungen des jeweiligen Betriebes gespiegelt werden, generelle Aussagen sind daher nicht möglich. Synthetische Treibstoffe sind bereits heute bei Lastwagen und Sattelschleppern im Einsatz. Die Schweiz gilt europaweit als Pionierland, was alternative Antriebe anbelangt.
Die Genossenschaft Migros Basel verabschiedete bereits 2017 eine neue Mobilitätsstrategie, um ihre täglichen Transporte klimaschonender gestalten zu können. Quelle: CNG-Mobility.ch
Wie wichtig ist hier die Anpassung der LVSA, wo künftig auch Biogas von einer Reduktion profitieren wird?
Wichtig ist vorab, dass die mittelfristige Ausgestaltung der LSVA technologieneutral erfolgt. Massgebend ist der Beschluss des Parlaments vom 9. März 2021, dass alle Nutzfahrzeuge mit emissionsfreiem Antrieb bis auf Weiteres von einer Reduktion der LSVA profitieren sollen (vgl. Mo. 19.4381). Aber nicht nur die Antriebstechnologie ist von zentraler Bedeutung. Wie bereits angetönt sind Anschubfinanzierungen für Nutzfahrzeuge mit alternativem Antrieb absolut zentral für die Funktionsfähigkeit des Systems.
Wie beraten Sie die Astag-Mitglieder bezüglich Nachhaltigkeit genau?
Den Mitgliedern soll anhand eines Massnahmenkataloges aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten es gäbe, den CO2-Ausstoss im eigenen Betrieb zu reduzieren. Die Massnahmen wurden mit Hilfe eines externen Nachhaltigkeitsexperten präzisiert. Auf der Astag-Webseite finden Mitglieder beispielsweise die Vor- und Nachteile von den einzelnen alternativen Antrieben im Vergleich und mit Kommentaren von Experten dazu.
Die neue CNG-Tankstelle in Vufflens-la-Ville VD liefert unter anderem den Fahrzeugen der Henry Transports SA seit letzten Sommer klimafreundlichen Treibstoff. Quelle: Holdigaz
Welche Hilfsmittel oder Weiterbildungen stellt die Astag seinen Mitgliedern sonst noch zur Verfügung?
Wir bauen unser Bildungsangebot und unsere Dienstleistungen kontinuierlich und entsprechend den neusten Trends aus. Dabei gehen wir auf Wünsche und Bedürfnisse der Branche ein, aber auch auf Innovationen und neuste Technologien. Wir fokussieren uns dabei darauf, den unternehmerischen Nutzen und den Beitrag zugunsten von Umwelt und Klima sinnvoll zu verbinden, damit ein freiwilliges Engagement überhaupt ermöglicht wird. Im Kurs «QualyDrive» der Astag beispielsweise begleiten wir die Mitglieder auf ihrem Weg hin zu Effizienzsteigerung und Treibstoffeinsparungen. Davon profitieren nicht nur die Mitglieder, sondern letztendlich auch Umwelt und Klima. (jas, 19. April 2022)