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Eröffnung der ersten Wasserstofftankstelle der Avia weltweit mit Rolf Huber (Chariman H2 Energy), Jörg Ackermann (Präsident Förderverein H2 Mobilität Schweiz), Bertrand Piccard, Mark Freymüller (CEO Hyundai Hydrogen Mobility AG), Martin Osterwalder (Verwaltungsrat Osterwalder St. Gallen AG) und Patrick Staubli, Geschäftsführer Avia Vereinigung (v.l.n.r.) Quelle: CNG-Mobility.ch
«Grüner Wasserstoff soll das Erdöl von morgen sein», erklärte der deutsche Staatssekretär Michael Meister aus dem Forschungsministerium. Dazu hat Deutschland extra eine nationale Wasserstoffstrategie erstellt. Ob in der Industrie, im Verkehr oder im Wärmesektor, Deutschland braucht grüne Energie in all diesen Bereichen, um seine Klimaziele zu erreichen. Daher will Deutschland international zu einem Vorreiter bei grünem Wasserstoff werden. Und der deutsche Staat stellt dazu Fördermittel bereit – allein aus dem Klimafonds mehr als 300 Millionen Euro bis 2023!
Die Schweiz geht einen anderen Weg und setzt auf eine privatwirtschaftliche Initiative und die gibt mächtig Gas! Zusammen mit dem Förderverein H2 Mobilität, Hydrospider und H2 Energy bringt der koreanische Fahrzeughersteller Hyundai bis Ende Jahr noch 50 Wasserstoff-Trucks auf Schweizer Strassen. Die ersten zehn davon würden soeben verschifft. Bis 2023 sollen es sogar 1000 und bis 2025 sogar 1600 Trucks sein. Damit wäre dann eine jährliche CO2-Einsparung von nicht weniger als 100’000 Tonnen möglich. Utopisch? Nicht wirklich: Die 21 Mitglieder des Fördervereins H2 Mobilität setzen heute schweizweit 5000 LKW ein und betreiben 2000 Tankstellen – eine Dekarbonisierung über Wasserstoff im Güterverkehr ist also durchaus denkbar.
In Südkorea wurden bereits die nächsten Brennstoffzellen-Trucks für die Schweiz eingeschifft. Quelle: Hyundai
Wasserstoff hat ausserdem den Vorteil, dass mit H2 nicht nur Brennstoffzellenfahrzeuge betrieben, sondern dass daraus auch weitere Treibstoffvarianten hergestellt werden können. Eine Methanisierung und somit eine spätere Nutzung des synthetischen Gases durch CNG-Fahrzeuge ist genauso möglich, wie eine Weiterverarbeitung durch ein chemisch-technisches Verfahren zu synthetischen Flüssigtreibstoffen. Mit Wasserstoff lässt sich elektrische Energie speichern und damit auch Leistungsspitzen ausgleichen oder Überschussstrom nutzen. Die Produktion des grünen Wasserstoffs erfolgt aktuell durch die Hydrospider AG in einer Anlage beim Alpiq Wasserkraftwerk in Gösgen SO. Dieser wird dann in Containern zu den einzelnen Tankstellen in der Schweiz geliefert.
Eine davon ist die in St. Gallen neu eröffnete, erste Avia-Wasserstofftankstelle weltweit. Hier können künftig sowohl Nutzfahrzeuge (350 bar) als auch Personenwagen (700 bar) mit grünem Wasserstoff betankt werden, der ab Mitte 2021 sogar aus der Region stammen soll. Als erster Kunde fuhr nun ein neuer Hyundai Xcient Fuel Cell mit zwei parallel geschalteten 95-kW-Brennstoffzellen und einer 73,2-kW-Batterie als Zwischenspeicher sowie Tanks für bis zu 34,5 Kilo Wasserstoff vor. Der erste Hyundai-Truck schafft damit auch mit Beladung rund 400 Kilometer Reichweite und zwar emissionsfrei.
Abenteurer, Pionier und Wissenschaftler Bertrand Piccard betankte den ersten Huyndai Xcient Fuel Cell gleich selbst. Quelle: Hyundai
Ebenfalls vor Ort war Abenteurer, Heissluftballon- und Solarpionier Bertrand Piccard, der gleich die erste Betankung des Hyundai-Trucks mit H2 Zero vornahm: «Wasserstoff, das war vor 20 Jahren wie Sex für Teenager. Alle sprachen davon, aber keiner hat es gemacht.» Er sei daher glücklich, dass er bei einem seiner Meinung nach historischen Moment dabei sei, ergänzte der 62-Jährige: «Die Schweiz beweist, dass sich elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge und Personenwagen mit sauberem Wasserstoff betanken und ohne CO2-Emissionen fahren lassen. Viele Pioniere haben dafür ihr Know-how zusammengelegt, um zu diesem wichtigen Moment für die Umwelt zu gelangen – und zwar nicht mit Worten, sondern mit Taten.»
Dass die Wasserstoff-Pioniere ihren Fokus anfangs auf LKWs und nicht auf Personenwagen mit Brennstoffzellen legen, erläutert Mark Freymüller, CEO von Hyundai Hydrogen Mobility AG, so: «Die Trucks bieten schlicht den grösseren Stellhebel, um H2 als Treibstoff voranzubringen.» Denn die Lastwagen als Grossverbraucher bringen auch den Tankstellenbetreibern genau die Mengen an H2 und die Planbarkeit, die benötigt wird, um eine Wirtschaftlichkeit zu garantieren und den Wasserstoff-Tankstellenausbau schweizweit weiter vorantreiben zu können.
Thomas Patzer, leitender Ingenieur für die Entwicklung von Brennstoffzellen-Elektro-Nutzfahrzeuge bei Hyundai und Fahrer des Trucks. Quelle: CNG-Mobility
Witziges Detail am Rande: Auch der Asphalt-Cowboy der Zukunft trägt Hut oder zumindest Thomas Patzer, leitender Ingenieur für die Entwicklung von Brennstoffzellen-Elektro-Nutzfahrzeuge bei Hyundai und Fahrer des Trucks. Der Ingenieur ist zufrieden mit den ersten Fahreindrücken und verrät, bevor er seine Tour fortsetzt: «Der Xcient Fuel Cell ist viel ruhiger als ein Diesel. Er stinkt nicht, vibriert viel weniger und es klappert nichts – alles in allem ist das ein grossartiges Fahrgefühl für einen Chauffeur.» (jas, 15. Juli 2020)