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Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Strassburg.
Die Rechnung für viele Automobilhersteller ist einfach: Die Emission eines Elektrofahrzeugs ist immer gleich Null. Diese Regelung, die in der EU wie in der Schweiz gilt, macht es für die Hersteller (und Importeure) äusserst attraktiv, den CO2-Ausstoss ihrer Flotten durch E-Autos zu reduzieren.
Die Regelung führt dazu, dass vor allem grosse und schwere Autos neu mit Elektroantrieb auf den Markt gebracht werden – weil hier der Hebel am grössten ist, die CO2-Emissionen auf dem Papier zu senken. Dabei ist unter Experten wie beispielsweise Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebstechnologie bei der Empa, unbestritten, dass die Elektromobilität vor allem im Nahverkehr ihre Vorzüge ausspielt, wo kurze Reichweiten und kleine Batterien ausreichen, während auf langen Strecken CNG oder synthetische Treibstoffe zum Einsatz kommen sollten.
Doch offenbar findet in Brüssel derzeit ein Umdenken statt. Die EU-Kommission prüft den Ersatz der CO2-Messung am Auspuff. «Die Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen müssen auf Unionsebene über den gesamten Lebenszyklus bewertet werden», fordert das europäische Parlament in den am 27. März 2019 verabschiedeten Emissionsnormen für PW und leichte Nutzfahrzeuge. Zu diesem Zweck verlangt das Parlament von der EU-Kommission «bis spätestens 2023», die Möglichkeit zu prüfen, wie diese CO2-Emissionen von der Herstellung bis zur Entsorgung bewertet werden.
Sollte es nach 2023 zu diesem Paradigmenwechsel kommen, wären Elektroautos und CNG-Fahrzeuge nicht nur in der Realität auf Augenhöhe, sondern auch in der Anrechnung der Flottenemissionswerte. «E-Autos haben gegenüber Fahrzeugen mit Gasantrieb keinen Vorteil, wenn man die Emissionen bei der Herstellung sowie bei der Produktion des zusätzlich benötigten Stroms berücksichtigt», sagt Patrik Soltic, Leiter des GasOn-Projekts, in dem die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) gemeinsam mit dem Volkswagen-Konzern einen höchst effizienten CNG-Motor entwickelt hat.
Das Schweizer Forum Elektromobilität hat ausgerechnet, dass ein Elektroauto, das mit dem aktuellen EU-Strommix betankt wird, in der sogenannten Well-to-Wheel-Bilanz («von der Quelle bis zum Rad») 87 Gramm CO2 pro Kilometer ausstösst. Das sind, über den Daumen gepeilt, 87 Gramm CO2 mehr, als in die Klimarechnung einfliessen. Sinnvoll ist das Elektroauto dann, wenn seine Batterien mit 100 Prozent erneuerbarem Strom geladen werden. Das elektrofreundliche Forum Elektromobilität rechnet dann mit nur noch 5 Gramm CO2. Auf die exakt selbe Zahl kommt eine Studie des Beratungsunternehmens PA Consulting Group für CNG-Fahrzeuge, die mit Biogas betankt werden. (sco, 19. Oktober 2019)