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Webtalk der Universität St. Gallen
 
 

«Die Zukunft der CNG-Mobilität entscheidet sich in Brüssel»

Welche Rolle spielt Gas in einer klimaneutralen Energieversorgung? Eine bedeutende, sagte VSG-Direktorin Daniela Decurtins am Webtalk der Uni St. Gallen.

Webtalk der Universität St. Gallen
Daan Peters, Direktor beim Beratungsunternehmen «Guidehouse», legte wichtige Aspekte zur zukünftigen Energieversorgung dar. Quelle: Screenshot

Daniela Decurtins, die Direktorin des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), bekannte sich zum Ziel des Bundesrates, bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen der Schweiz auf «netto Null» zu senken. Und sie erinnerte an die «Pionierrolle der Schweiz im Bereich Biogas». Dass Biogas und synthetischen Gasen beim Umbau der europäischen Energieversorgung eine Schlüsselrolle zukommt, belegt Daan Peters mit einer aktuellen Studie unter dem Titel «Gas Decarbonisation Pathways 2020 – 2050». Der Niederländer ist Direktor beim Beratungsunternehmen «Guidehouse» und berät Unternehmen und Regierungen in Fragen zu Bioenergie und Klimastrategien.

Am Webtalk der Universität St. Gallen präsentierte Daan Peters die Studie, die für das Konsortium «Gas for Climate» erstellt wurde. «Gas for Climate» ist eine Gruppe von zehn europäischen Gasnetz-Betreibern und zwei Biogas-Verbänden. Klar sei, dass die heutige EU-Politik zu wenige Anreize setze, um Biomethan sowie grünen und blauen Wasserstoff in ausreichenden Mengen zu produzieren, hielt Peters fest. Ändern könne dies der von der EU angekündigte «Green Deal», der Basis für eines der Szenarien der Studie ist. In diesem Szenario («Accelerated Dacarbonisation Pathway») wird Erdgas zunehmend durch Wasserstoff und Biomethan substituiert. Eine vollständige Dekarbonisierung der Energieversorgung könne 2050 durch eine «smarte Kombination von erneuerbarem Strom und CO2-armen und erneuerbaren Gasen» gelingen. Voraussetzung sei die Kopplung des Strom-, Gas- und Wärmesektors. Für Daan Peters ist die Rolle von Gas in der künftigen Energieversorgung klar: «Sie ermöglicht uns Klimaneutralität zu den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten.»

Decurtins VSG

Im Verkehrsbereich sieht die Studie Biomethan vor allem im Schwerlastbereich – als Treibstoff für Trucks und Schiffe. Welche Rolle CNG im Bereich Personenwagen spiele, wollte Christian Opitz, Gastgeber des Webtalks und Vizedirektor des Kompetenzzentrums Energy Management an der Universität St. Gallen, von Daniela Decurtins wissen. Die VSG-Direktorin plädierte für eine Parallelität der Technologien: «Der Verkehrssektor verursacht die meisten Treibhausgase. CNG und Biogas tragen dazu bei, diese CO2-Emissionen reduzieren.» Decurtins nutzte die Gelegenheit, mit einem Missverständnis aufzuräumen: «Gasmobilität ist nicht Erdgasmobilität!» Dem CNG, das an Schweizer Zapfsäulen getankt werden kann, seien schon heute durchschnittlich 25 Prozent Biogas beigemischt. «Wir werden diesen Anteil in den nächsten Jahren kontinuierlich erhöhen. Bereits 2023 werden wir 30 Prozent Biogas haben.» Und damit 30 Prozent weniger CO2-Emissionen als mit dem im Vergleich zu Benzin und Diesel schon relativ CO2-armen Erdgas.

Daniela Decurtins kritisierte, dass der Bund die verschiedenen Antriebstechnologien ungleich behandle. Diese «Verzerrung» benachteiligt die CNG-Mobilität gegenüber der E-Mobilität. Auf die Frage, ob CNG im PW-Bereich eine längerfristige Perspektive habe, verwies die VSG-Direktorin auf den «Green Deal» der EU: «Diese Frage wird sich nicht in der Schweiz, sondern in Brüssel entscheiden.»

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Matthias Gysler, Chefökonom des Bundesamts für Energie, legte im Webtalk die Sicht des Bundes dar. Quelle: Screenshot

Dritter Teilnehmer in diesem Webtalk war Matthias Gysler, Chefökonom des Bundesamts für Energie. Gysler vertrat die bekannten Positionen des BFE, wonach Biogas zwar wertvoll, aber begrenzt verfügbar und die Produktionskosten für synthetisches Methan zu hoch seien. Aus dem Klimafonds, der im neuen CO2-Gesetz vorgesehen ist, würden auch Biogas und erneuerbare Gase gefördert, so der BFE-Chefbeamte. Da aber laut Gysler ein «ganzer Strauss von Massnahmen» geplant sei, bleibe für erneuerbare Gase jährlich ein «tiefer zweistelliger oder ein hoher einstelliger Millionenbetrag»…

«Das einseitige Vorantreiben der Elektrifizierung ist eine Highrisk-Strategie»

Das BFE spricht also weiter von Technologieoffenheit und setzt auf Strom. Dieser Fokus sei in der an Wasserkraft reichen Schweiz historisch bedingt, stellte VSG-Direktorin Daniela Decurtins in der Diskussionsrunde fest und warnte eindringlich vor einer einseitigen Elektrifizierung: «Das ist eine Highrisk-Strategie!» Mit dem Herunterfahren der Atomkraftwerke und dem Ausbau von Wind- und Solarenergie würden unsere Nachbarländer gerade in den Wintermonaten ihren Strom selbst brauchen und wenig Veranlassung haben, ihn in die Schweiz zu exportieren. (sco, 20. August 2020)

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