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Die neuen Biogasaufbereitungsanlagen, die in Kvaers und Kong installiert werden sollen, ähneln der Anlage in Korskro in Dänemark, die Wärtsilä 2018 geliefert hat und die von Nature Energy betrieben wird. Quelle: Nature Energy/Claus Haagensen
Ein ambitiöses Ziel, aber enorm wichtig für den Klimawandel: 35 Milliarden Kubikmeter Biogas bis 2030 – dieses Ziel hat sich die EU-Kommission im «REPowerEU»-Plan selbst gesetzt und zudem die Biomethan-Industriepartnerschaft (BIP) gegründet. Sie erhofft sich dadurch wichtige Vorteile für die Energiesicherheit Europas und vor allem eine klare Reduktion der Treibhausgasemissionen dank Biogas. Dieses liefert aus einer umweltfreundlicheren, kreislauforientierten Landwirtschaft wichtige und speicherbare Energie, die über die bestehende Gasinfrastruktur transportiert werden kann. Die Frage bleibt dabei bloss: Zu welchem Preis wird dieses Biogas hergestellt?
Von welcher Energiequelle will man in Zukunft wie viel einsetzen, um möglichst wenig CO2-Emissionen zu verursachen, aber auch die Kosten für die Bevölkerung im Rahmen zu halten. Quelle: BP
Eine neue Studie der Task Force 4 konzentriert sich nun genau auf diese Produktionskosten, weil viele nationalen Regierungen diese Kosten kennen möchten, damit sie die Biogas-Produktions- und -Lieferketten besser unterstützen können. Schliesslich sind die Vorteile von Biogas, vor allem bei der Emissionsreduzierung durch ohne Gas schwer umsetzbaren Endanwendungen, durch eine reine Kostenanalyse der Biogasproduktion nicht vollständig erfasst. Biogas ist als nachhaltige Energie wertvoll – und auch das hat eben seinen Preis. So lagen die Kosten der europäischen Biogasproduktion im Jahr 2021 bei 87 Euro/MWh für Erzeuger von rund 540 Nm3/h und bei lediglich 54 Euro/MWh für Erzeuger von mehr als 1200 Nm3/h. Skaleneffekte sind bei der Biogasproduktion stark ausgeprägt; grosse Erzeuger können bereits heute teilweise wettbewerbsfähig arbeiten.
Das kleine Dänemark gehört hinter Deutschland und Frankreich zu den grössten Biogasproduzenten Europas, unter anderem dank grossen Biogasanlagen wie hier in Korskro. Quelle: Nature Energy
Die Biogasproduktion bleibt durchschnittlich jedoch teuer. Trotzdem ist es wichtig, dass auch kleinere, dezentrale Biogasanlagen gefördert werden. Denn nicht nur macht Kleinvieh ebenfalls Mist, sondern jeder genutzte Miststock kann zu einer Verringerung des CO2-Austosses beitragen – wie dies auch am Powerloop-Forum 2023 in Burgdorf BE eindrücklich aufgezeigt wurde. Bioenergie kann europaweit zu einem wichtigen – auch ökonomischen – Standbein der Landwirte werden. Davon ist auch der deutsche Bioenergieexperte und Verbio-Chef Claus Sauter überzeugt.
Aus vier Ballen Stroh stellt Verbio die Menge Biogas her, die es einem CNG-Auto erlaubt, rund 11’500 Kilometer CO2-neutral unterwegs zu sein. Quelle: Verbio
Das Jahr 2023 war zwar geprägt durch Ernteausfälle, wetterbedingte Qualitätseinbussen und hohe Energiekosten. Was nach einer Krise klingt, ist aber keine. Denn was nicht für Nahrungsmittel oder als Tierfutter taugt, lässt sich in Deutschland trotzdem noch verarbeiten. Beispielsweise in Bioraffinerien, in denen jede Erntequalität zu klimafreundlicher Energie und hochwertigen Produkten für Nahrungs- und Futtermittel veredelt werden kann. Das sichert den Landwirten Einnahmen auch in schwierigen Zeiten. Über das clevere Zusammenspiel von Bioenergie und Landwirtschaft sprechen Verbio-Chef Claus Sauter und Dirk Köckler, Vorstandsvorsitzender einer der führenden Agrargenossenschaften Deutschlands, im aktuellen Podcast #strohlug.
Claus Sauter, Gründer & Vorstandsvorsitzender der Verbio AG, will den Verkehrssektor und energie- und emissionsintensive Industrien wie die Chemie-, Stahl- und Zementindustrie mit grüner Energie versorgen. Quelle: Verbio – David Pinzer
«Der Bauer ist der Ernährer der Gesellschaft. Wenn er nicht die entsprechenden Produktequalitäten liefern kann, dann muss man ihm auch dafür ein Outlet geben», erläutert Verbio-Chef Sauter. Daher bietet sein Unternehmen den Landwirten durch den Ankauf von Reststroh eine zusätzliche Einnahmequelle. Verbio stellt aus diesem Stroh klimafreundliches Biogas für verschiedene Anwendungen in der Mobilität und in der Industrie sowie Humusdünger für die Landwirtschaft her. Gleichzeitig verhindert diese Verwendung klimaschädliche Emissionen, die bei der natürlichen Verrottung des Strohs auf dem Acker freigesetzt würden.
Neben Ackerbau auf 20 Hektaren Nutzfläche haben die Familien Aeberhardt und Savary auch eine topmodernen Laufstall für aktuell 70 Red-Holstein- und Holsteinkühe und bald liefert die die Hofgemeinschaft sogar Strom, Wärme und Biogas – alles Energieträger aus nachhaltiger Quelle. Quelle: CNG-Mobility.ch
Sauter stört sich vor allem an der anhaltenden Tank-Teller-Debatte: «Diese Debatte ist falsch und schadet uns beim Erreichen der Klimaschutzziele.» Der Zielkonflikt: Auf der einen Seite sollen fossile Rohstoffe ersetzt werden, auf der anderen Seite werden nachhaltige Produkte wie Biomasse oder Biosprit von der Politik nicht berücksichtigt oder gar verhindert. Zudem dürften Rohstoffe für den klimafreundlichen Antrieb nur Qualitäten entsprechen, die nicht im Nahrungs- oder Futtermittelbereich Verwendung finden. In der Schweiz werden deshalb auch keine Nutzpflanzen für die Biogasproduktion angebaut.
Moderate Kosten und tiefe Emissionen ermutigen skandinavische Unternehmen, Biogas für den Transport zu verwenden. Quelle: Arla Foods
Biotreibstoffe hätten jedoch grosses Potenzial und können auch Benzin und Diesel beigemischt werden. «Seit 2015 konnten so rund 80 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden», sagt Sauter. Er fordert die Politik deshalb auf, alle Möglichkeiten und Technologien auszuschöpfen, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. «Wir könnten mehr tun im Verkehr, nicht nur mit Strom. Wir brauchen synthetische und biogene Treibstoffe», betont er. «Im Schwerlastbereich steckt die E-Mobilität noch in den Kinderschuhen. Umso mehr brauchen wir hier die Akzeptanz für synthetische und biogene Treibstoffe.» (jas, 16. November 2023)
Eine der rund 120 landwirtschaftlichen und 29 gewerblichen Biogasanlagen, die in der Schweiz Grüngut vergären. Quelle: Biomasse Suisse