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Seit drei Jahren steht Thomas Rücker an der Spitze von Iveco Schweiz. Der ausgebildete Kaufmann mit diversen Weiterbildungen verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Automobil- und Nutzfahrzeug-Branche in den Bereichen Kundendienst, Ersatzteile und Fahrzeugverkauf. Gegenüber CNG-Mobility.ch erläutert der 46-jährige Schweizer, wie seine Marke auf die Netto-Null-Ziele des Bundesrats reagiert, wieso Lastwagen mit CNG- und LNG-Antrieb am Markt so erfolgreich sind und wieso es nun nötig ist, die Infrastruktur für sie rasch auf- oder auszubauen.
Seit drei Jahren steht Thomas Rücker an der Spitze von Iveco Schweiz. Quelle: Iveco
«Wir brauchen für den Erhalt unseres Planeten und für den wachsenden Güterverkehr eine ressourcenschonende «well to wheel»-Betrachtungsweise.»
Herr Rücker, was plant die Marke Iveco im Bereich Nachhaltigkeit und wie helfen Sie Ihren Kunden bei der Mission Netto-Null ganz allgemein?
Thomas Rücker, Managing Director Iveco (Schweiz) AG: Die technologische Entwicklung der Neufahrzeuge mit Anpassung von Abgasnormen – wie beispielsweise ab Januar 2022 Euro 6e/VIe – oder auch die Implementierung der CO2-Abgabe für leichte Nutzfahrzeuge findet laufend statt. Daher läuft ein permanenter Optimierungsprozess der Fahrzeuge, um die Klimaziele zu erreichen und auch unsere natürlichen Ressourcen auf dem Planeten zu schützen. Nebst diesem kontinuierlichen Prozess für fossile Antriebssysteme hat sich Iveco schon seit sehr langer Zeit dem Anbieten von nachhaltigen Transportlösungen verschrieben. Dabei haben wir auf Elektro-, Hybrid- und auch Gas-Fahrzeuge gesetzt, welche verfügbar waren oder sind. Damit wollen wir einen bereits heute umsetzbaren Beitrag leisten, damit unsere Kunden ihren CO2-Fussabdruck optimieren können. Dafür haben wir bisher auf Systeme gesetzt, die rasch mit einem hohen Nutzen implementiert werden. Der grösste Markterfolg hatten bisher Gas-Fahrzeuge erzielt. Für die Betrachtungsweise des Antriebssystems auf dem Fahrzeug «tank to wheel» – also vom Energieträger bis zur Antriebsachse – können durch nachhaltige Energieträger wie beispielsweise Biogas bereits heute sehr grosse Einspareffekte von über 80 Prozent erzielt werden. Und es können Kreislaufwirtschaftssysteme aufgebaut werden, so dass beispielsweise ein Lebensmittelhersteller seine Produktionsabfälle für die Herstellung von Biogas nutzt.
«Wenn in Zukunft eine intensivere Förderung von fossilfreien Antrieben stattfindet, dann sind diese Gas-Fahrzeuge in der Pole-Position.»
Die nächsten Entwicklungsstufen für den schweren Güterverkehr gehen in die Richtung von Batterieelektrischen- oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge als Ergänzung heutiger Applikationen. Auch bei diesen nächsten Anwendungen wird wegweisend sein, wie nachhaltig der Energieträger selbst ist – gleich wie bei mit Methan betriebenen Antriebsformen. Denn die reine Betrachtung auf dem Fahrzeug, also «tank to wheel», ist unvollständig: Wir brauchen für den Erhalt unseres Planeten und für den wachsenden Güterverkehr eine ressourcenschonende «well to wheel»-Betrachtungsweise, also von der Energiegewinnung bis zur Energienutzung. Daher zielt unsere langfristige Absicht dahin, dass wir für Kunden in Zukunft versuchen, ein komplettes Ökosystem abzubilden, das allen Aspekten der Nachhaltigkeit gerecht wird.
Mit den «Natural Power»-Line erlaubt es Iveco jetzt schon und nicht erst in Zukunft klimaschonend unterwegs zu sein: Quelle: Iveco
Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe für fossilfrei angetriebene Nutzfahrzeuge wird bald gesenkt. Bemerken Sie schon ein grösseres Interesse unter den Spediteuren für alternative Antriebe?
Wir spüren schon seit ein bis zwei Jahren eine deutlich stärkere Auseinandersetzung unserer Kunden mit alternativen Antriebskonzepten. Dies unabhängig von der eigentlichen Antriebsart von Batterieelektrischen-, Brennstoffzellen- oder Gas-Fahrzeugen. Nachdem nun im Dezember 2020 und März 2021 der Stände- und der Nationalrat deutliche Zeichen gesetzt haben, für eine differenzierte Strategie für fossilfreie Antriebe, wird nun dieses Interesse in Kürze massiv zunehmen. Davon ist in jedem Fall auszugehen. Dabei geht es nicht nur um die ökologischen Aspekte im Hinblick auf das politische Tauziehen um die CO2-Gesetzgebung, sondern auch wegen klarer wirtschaftlicher Vorteile oder Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Sobald die neuen Rahmenbedingungen klar sind, werden vermutlich Batterieelektrische- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit Biogas- oder Synthesegas-Antrieben gleichgestellt werden; da die Gemeinsamkeit dieser Konzepte der fossilfreie Antrieb ist. Dadurch wird eine grössere Nachfrage nach diesen Antriebskonzepten und Energien entstehen, für welche die nötige Infrastruktur dann rasch auf- oder auszubauen ist.
«Bereits heute – ohne spezifische Fördermassnahmen für Gasfahrzeuge – lohnt sich der Einsatz von methan-betriebenen Fahrzeugen.»
Für wen lohnt sich der Umstieg von einem herkömmlichen Diesel auf ein CNG- oder LNG-Fahrzeug?
Bereits heute – ohne spezifische Fördermassnahmen für Gasfahrzeuge – lohnt sich der Einsatz von mit methan-betriebenen Fahrzeugen. Ob die Energie hochkomprimiert als CNG oder in verflüssigter, tiefkalter Form als LNG aufgenommen wird, ist lediglich eine Frage der Reichweite. Bei schweren Nutzfahrzeugen lohnt sich heute der Umstieg von Diesel- auf CNG/LNG-Fahrzeuge, sobald mehr als etwa 400’000 Kilometer gefahren wird. Generell zeigen methan-betriebene Fahrzeuge in der Schweiz mit den aktuellen Treibstoffkosten etwa folgendes Bild: die Anschaffungskosten des Fahrzeuges sind etwas höher und die Wartungsintervalle sind kürzer, was die Unterhaltskosten erhöht. Aber die Minderenergiekosten sind derart spannend, dass diese anfänglichen Mehrkosten nach diesen ca. 400’000 Kilometern vollständig abgetragen werden und dann ein CNG/LNG-Fahrzeug wirtschaftlicher ist als ein Diesel-Fahrzeug. Den grössten Nutzen können Transporteure oder Logistikunternehmen daher mit einem Gas-Fahrzeug erzielen, wenn sie eine möglichst intensive Nutzung mit einer hohen Laufleistung vorsehen. Wenn in Zukunft eine intensivere Förderung von fossilfreien Antrieben stattfindet, dann sind diese Gas-Fahrzeuge in der Pole-Position. Denn methan-betriebene Fahrzeuge können mit Biogas, Synthesegas und CNG betrieben werden – diese verschiedenen Formen der Energiequelle werden somit in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Sie bieten beim Iveco S-Way sogar die Kombination von CNG- und LNG-Tanks auf einem Fahrzeug ab Werk an. Was sind hier die Vorteile?
Derzeit sind in der Schweiz noch nicht so viele LNG-Tankstellen in Betrieb. In anderen Ländern bestehen vielleicht etwas mehr LNG-Tankstellen, aber die Dichte ist auch vergleichsweise gering. Kunden, die eine Kombivariante wählen von CNG- und LNG-Tanks, setzen auf eine höhere Reichweite als bisherige CNG-Fahrzeuge. Sie wollen aber gleichzeitig den polyvalenten Einsatz nutzen können mit einem dichteren Energieversorgungsnetz von beiden Energieformen.
«Es können Kreislaufwirtschaftssysteme aufgebaut werden, so dass ein Lebensmittelhersteller seine Produktionsabfälle für die Herstellung von Biogas nutzt.»
Planen Sie im Hinblick auf die LSVA-Reduktion bei den CNG- und LNG-Fahrzeugen spezielle Aktionen für Ihre interessierten Transportunternehmer?
Weil wir fest von den Vorteilen von Gas-Fahrzeugen überzeugt sind und wir glauben, dass damit bereits heute sehr gute Alternativen in einer hohen Vielfältigkeit an Transportanwendungen eingesetzt werden können, haben wir schon länger spannende Angebote für unsere «Natural Power»-Line – so benennen wir unsere Gas-Antriebe. So sind beispielsweise die aktuellen Angebote auf unserer Webseite aufrufbar. Wir werden auch in Zukunft laufend immer wieder solche Promotionen durchführen, damit Kunden und Interessenten unsere Begeisterung spüren und bestätigt bekommen. «Iveco – Ihr Partner für nachhaltigen Transport»; das ist nicht nur unser Slogan, sondern wir fühlen uns dem Erhalt unseres Planeten verpflichtet und wir wollen tatkräftig an der Energiewende mithelfen, damit die politischen Klimaziele erreicht werden können. (jas, 25. Mai 2021)
Thomas Rücker und seine Marke Iveco sind bereit für eine nachhaltige Transportlogistik. Quelle: Iveco