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Ausgefeilte Messtechnik ermöglicht beim WLTP-Zyklus realistischere Verbrauchswerte. Quelle: VW
Das Bundesamt für Energie (BFE) hat den durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoss neuer Schweizer Personenwagen fürs Jahr 2019 berechnet. Mit 138,1 g CO2/km liegt er im Vergleich zum Vorjahr leicht höher; damals lag der Wert bei 137,8 g CO2/km. Die Konsequenzen für die Schweizer Autoimporteure sind heftig: Es werden CO2-Bussgelder in der Gesamthöhe von 78,1 Millionen Franken fällig. Im Referenzjahr 2018 waren es noch 31,7 Millionen Franken. Der markante Anstieg ist auf die Erhöhung des Strafbetrages pro Gramm bei der Zielwertüberschreitung zurückzuführen. Bislang waren für die ersten drei Gramm zwischen 5.50 und 27.50 Franken zu bezahlen. Für das Referenzjahr 2019 wird ab dem ersten Gramm ein Betrag von 111 Franken fällig.
Zu grossen Teilen geht die Stagnation des CO2-Ausstosses bei neuen Personenwagen auf die Einführung des neuen Prüfzyklus WLTP («Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure») zurück. Dieser gilt seit dem 1. September 2018 für Neuwagen, die in die Schweiz importiert werden. Durch strengere Testbedingungen liefert der WLTP höhere Verbrauchs- und CO2-Werte als der «Neue Europäische Fahrzyklus» NEFZ. Dies nicht nur im direkten Vergleich, sondern selbst nach einer komplizierten Rückrechnung in den sogenannten «NEFZ 2.0». Diese Berechnung ist nötig, da die CO2-Zielwerte in ganz Europa erst ab 2021 als WLTP-Werte definiert sind.
Der neue WLTP-Zyklus ist mit einem aufwendigen Messverfahren verbunden. Quelle: VW
«Bereits 2018 haben wir den Einfluss der WLTP-Umstellung gespürt», erklärte Christoph Wolnik, Mediensprecher der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure Auto-Schweiz. Die Umstellung des Testzyklus verschleiert die effektive Senkung der CO2-Emissionen von Neuwagen. Und macht leider auch die klaren Marktanteilgewinne der alternativen Antriebe zu Nichte. 2019 waren 13,1 Prozent der Neufahrzeuge mit einem Hybrid-, Elektro-, Gas- oder Brennstoffzellenantrieb ausgestattet, 2018 erst 7,2 Prozent.
Spannend vor allem für die Berechnung der nächsten Sanktionen fürs Referenzjahr 2020: Der vom Bund anerkannte biogene Anteil des Treibstoffgemischs aus CNG und Biogas beträgt seit Anfang Jahr neu 20 Prozent. Dies hat grossen Einfluss auf den klimarelevanten CO2-Ausstoss der CNG-Fahrzeuge. Der nach WLTP-Zyklus höhere CO2-Ausgangswert der CNG-Modelle wird so durch die höhere Gewichtung des klimarelevanten CO2 abgefedert. Neun CNG-Modelle liegen so aktuell bereits unter dem neuen Zielwert von 95 g/km, acht weitere mit maximal 105 g/km nur ganz leicht darüber. Und die fünf neusten Modelle (Skoda Octavia G-Tec, VW Golf TGI, Seat Leon TGI, Seat Leon TGI Sportstourer sowie VW Caddy TGI), die ab Herbst 2020 nach und nach in die Schweizer Showrooms kommen, dürften trotz ihrer Grösse auch nahe am neuen CO2-Zielwert von 95 g /km liegen.
CNG-Modelle sind nicht nur bezüglich Umweltfreundlichkeit und Total Cost of Ownership (hier liegen die Treibstoffkosten gegenüber Diesel und Benzin um bis zu 30 Prozent tiefer), sondern vor allem auch bezüglich Flottenplanung sehr attraktiv, da sie auch ohne Elektroantrieb oder Elektrifizierung einen tiefen CO2-Ausstoss aufweisen. Damit verhindern die CNG-Modelle teure Sanktionszahlungen für den Importeur, die ansonsten je nach Modell durchaus mehrere Tausend Franken pro Auto betragen könnten. Und tankt man ein CNG-Auto nur mit Biogas ist es– selbst, wenn dies offiziell nicht anrechenbar ist – sogar nahezu CO2-neutral unterwegs. Die Umwelt dankt es Ihnen auf alle Fälle! (jas, 9. Juli 2020)